Seit Ende Juni ist der erste Teil der Wan­der­aus­stel­lung “Im Namen des Vol­kes!? §175 StGB im Wan­del der Zeit” des Cen­trums Schwule Geschichte (Köln) in der Mahn- und Gedenk­stätte zu sehen,©Landeshauptstadt Düsseldorf/Melanie Zanin

 

Die zwei­tei­lige Wan­der­aus­stel­lung ist bis zum 9. August in der Mahn- und Gedenk­stätte und dem Düs­sel­dor­fer Rat­haus zu sehen

Das Cen­trum Schwule Geschichte (Köln) prä­sen­tiert in Koope­ra­tion mit dem Gleich­stel­lungs­büro der Lan­des­haupt­stadt Düs­sel­dorf und der Mahn- und Gedenk­stätte Düs­sel­dorf die zwei­tei­lige Wan­der­aus­stel­lung “Im Namen des Vol­kes!? § 175 StGB im Wan­del der Zeit”. Mit der Aus­stel­lung wird ein Bogen quer durch die Geschichte anti­ho­mo­se­xu­el­ler Gesetz­ge­bung auf dem Gebiet der heu­ti­gen Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land geschla­gen. Der erste Teil der Schau ist bereits seit dem 30. Juni in der Mahn- und Gedenk­stätte zu sehen. Am Mon­tag, 13. Juli, wurde nun der zweite Aus­stel­lungs­teil im Düs­sel­dor­fer Rat­haus von Ober­bür­ger­meis­ter Tho­mas Gei­sel eröffnet.

Ober­bür­ger­meis­ter Tho­mas Gei­sel: “Die zwei­tei­lige Aus­stel­lung infor­miert über die Repres­sa­lien, die Gewalt und das Unrecht, das Mit­glie­der der LSBTIQ+ Com­mu­nity erlit­ten haben. Nach­dem mit dem ers­ten Teil der Aus­stel­lung in der Mahn- und Gedenk­stätte die Zeit vor und wäh­rend des Natio­nal­so­zia­lis­mus sowie die Jahre der Befrei­ung durch die Alli­ier­ten beleuch­tet wur­den, blickt der zweite Teil auf die jün­gere Ver­gan­gen­heit. Die­ser Aus­stel­lungs­teil greift auch die posi­ti­ven und Mut machen­den Ten­den­zen der letz­ten Jahre auf.” Tho­mas Gei­sel wei­ter: “Düs­sel­dorf steht heute für Viel­falt, Respekt und Tole­ranz. Den­noch ist und bleibt es unsere gemein­same Auf­gabe für Soli­da­ri­tät und Huma­ni­tät und gegen Aus­gren­zung und Stig­ma­ti­sie­rung einzutreten.”

Wan­der­aus­stel­lung des Cen­trums Schwule Geschichte
Im Jahr 1969 wur­den die Para­gra­phen 175 und 175a laut Straf­ge­setz­buch erst­mals libe­ra­li­siert und erst 1994 als Folge der deut­schen Wie­der­ver­ei­ni­gung end­gül­tig aufgehoben.

Seit Ende Juni ist der erste Teil der Wan­der­aus­stel­lung “Im Namen des Vol­kes!? § 175 StGB im Wan­del der Zeit” des Cen­trums Schwule Geschichte in der Mahn- und Gedenk­stätte zu sehen. Er beleuch­tet die Zeit vor und wäh­rend des Natio­nal­so­zia­lis­mus sowie die Jahre der Befrei­ung durch die Alli­ier­ten. Die Aus­stel­lung rich­tet ein beson­de­res Augen­merk auf das Gebiet des heu­ti­gen Nord­rhein-West­fa­lens. Die Lan­des­haupt­stadt Düs­sel­dorf war wäh­rend der Zeit des Natio­nal­so­zia­lis­mus eine “Hoch­burg” der Schwu­len­ver­fol­gung. In kaum einer ande­ren Stadt wur­den so viele Män­ner auf Grund des Para­gra­phen 175 ver­haf­tet wie hier. Sie wur­den in Lager depor­tiert, muss­ten Zwangs­ar­beit ver­rich­ten und wur­den ermor­det. Die Über­le­ben­den hat­ten nach 1945 keine Chance auf Wie­der­gut­ma­chung, da der Para­graph 175 immer noch Bestand hatte. Der Kura­tor der Aus­stel­lung, Mar­cus Velke, erzählt aber nicht nur die Bio­gra­phien von — nach dem soge­nann­ten “Schwu­len­pa­ra­gra­phen”- ver­folg­ten Män­nern, son­dern beleuch­tet auch die Aus­wir­kung auf die Lebens­ge­schich­ten von Les­ben und Trans*, die eben­falls aus­ge­schlos­sen und Opfer von Ver­fol­gung, Dis­kri­mi­nie­rung und Gewalt wurden.

Der zweite Teil der Aus­stel­lung reicht von 1949 bis in die Gegen­wart und schließt sich so dem Teil der Schau in der Mahn- und Gedenk­stätte an. Gezeigt wird der Weg des Para­gra­phen 175, der final im Jahr 1994 im Rah­men der Wie­der­ver­ei­ni­gung abge­schafft wurde, bis hin zur Reha­bi­li­tie­rung und Ent­schä­di­gung im Jahr 2017. Das Gesetz zur straf­recht­li­chen Reha­bi­li­tie­rung der nach dem 8. Mai 1945 wegen ein­ver­nehm­li­cher homo­se­xu­el­ler Hand­lun­gen ver­ur­teil­ten Per­so­nen ist geschlechts­neu­tral for­mu­liert, da in der Deut­schen Demo­kra­ti­schen Repu­blik weib­li­che Homo­se­xua­li­tät eben­falls unter Strafe stand.

Die Aus­stel­lung wid­met sich mit zwei Tafeln expli­zit dem Thema der weib­li­cher Homo­se­xua­li­tät im Kai­ser­reich, der Wei­ma­rer Repu­blik, der Zeit des Nazio­nal­so­zia­lis­mus und in der frü­hen Bun­des­re­pu­blik und legt einen wei­te­ren Fokus mit zwei Tafeln auf der Geschichte von Trans* in die­sem Kontext.
Die Aus­stel­lung des Cen­trum Schwule Geschichte wurde vom Minis­te­rium für Kin­der, Fami­lie, Flücht­linge und Inte­gra­tion des Lan­des Nord­rhein-West­fa­len geför­dert und fin­det in Koope­ra­tion mit der Mahn- und Gedenk­stätte Düs­sel­dorf und dem Gleich­stel­lungs­büro statt.

Die Aus­stel­lung kann noch bis zum 9. August besucht werden.

Begleit­pro­gramm zur Wanderausstellung:
Beglei­tend zur Wan­der­aus­stel­lung fin­den zwei the­men­spe­zi­fi­sche Film-Abende im zakk, Fich­ten­straße 40, statt. Hin­weis: Der Zugang erfolgt über den zakk Hof, Pini­en­straße 5. Der Ein­ritt ist frei.

Am Don­ners­tag, 30. Juli, 20.30 Uhr, wird der Film “Call me by your Name” gezeigt. Ein­lass ist um 19.30 Uhr.

Nord­ita­lien 1983: Der 17 Jahre alte Elio ver­bringt den Som­mer zusam­men mit sei­nen Eltern in ihrer mon­dä­nen Villa. Noch gefan­gen im schlak­si­gen Kör­per eines Jun­gen über­ragt Elios Ver­stand sein Alter und zumin­dest nach außen wirkt er von der durch seine Eltern her­an­ge­zo­ge­nen Welt­lich­keit von Lite­ra­tur und klas­si­scher Musik kul­ti­viert. Unter der Fas­sade bricht ab und an das unbe­hol­fene, doch mutige Kind her­aus, des­sen Nai­vi­tät mit Ende des Som­mers ver­ge­hen wird. Auf Ein­la­dung zieht der ame­ri­ka­ni­sche Dok­to­rand Oli­ver in die Villa ein, um Elios Vater bei sei­ner his­to­ri­schen For­schung behilf­lich zu sein. Oli­ver scheint ver­meint­lich all das zu sein, was Elio nicht ist, ein groß gewach­se­ner, attrak­ti­ver, vor Selbst­be­wusst­sein strot­zen­der Mann. Elio soll Oli­ver mit der Umge­bung ver­traut machen. Bli­cke wer­den getauscht, Anspie­lun­gen gemacht, unver­fäng­li­che Berüh­run­gen haben Span­nun­gen, die zu wider­strei­ten­den Gefüh­len und Unsi­cher­hei­ten füh­ren. Dabei steht weni­ger die Liebe zweier jun­ger Män­ner in Bezug zu ihrem Umfeld im Vor­der­grund, wie im klas­si­schen Coming-Out-Film, son­dern viel mehr der viel­fäl­tige Gefühls­kos­mos des Ver­liebt­seins in all sei­nen Nuan­cen und Emp­fin­dun­gen. Seit der Pre­miere 2017 und nicht zuletzt wegen sei­ner Nomi­nie­rung als bes­ter Film im Rah­men der Oscar Ver­lei­hung 2018 erfreut sich der Film von Luca Gua­d­a­gnino gro­ßer Popularität.

Am Mitt­woch, 5. August, 20.30 Uhr, wird der Film “Amiée & Jaguar” gezeigt. Ein­lass ist um 19.30 Uhr.

Ber­lin 1943/1944: Unter der dop­pel­ten Bedro­hung von Bom­ben­krieg und Ver­fol­gung erle­ben zwei junge Frauen ihre große Liebe. Für Lily, ver­hei­ra­tet mit einem Natio­nal­so­zia­lis­ten und Mut­ter von vier Kin­dern, wird es die ent­schei­dende Erfah­rung ihres Lebens. Für Felice, die als Jüdin und Mit­glied einer Unter­grund-Orga­ni­sa­tion stän­dig bedroht ist, bedeu­tet diese Liebe auch eine Hoff­nung auf Leben und Über­le­ben. Homo­se­xu­elle Frauen wur­den wäh­rend des NS-Regimes nicht unter Beru­fung auf den Para­gra­phen 175 ver­folgt, son­dern als “Aso­ziale” ein­ge­stuft und in Kon­zen­tra­ti­ons­la­gern als “Schwarz­win­kel” depor­tiert, teils zwangs­pro­sti­tu­iert und ermor­det. Zudem waren homo­se­xu­elle Frauen, die mit “Hys­te­rie” dia­gnos­ti­ziert wur­den, Opfer von Ermor­dun­gen im Rah­men des “Eutha­na­sie­pro­gramms”. Nach­dem die Autorin Erica Fischer mit der Über­le­ben­den Lilly Wust einige Zeit­zeu­gin­nen­ge­sprä­che geführt hatte, ver­ar­bei­tete sie ihre Erin­ne­run­gen und Gedichte 1994 in einem Roman. Die­ser diente Max Fär­ber­böck als Vor­lage für sei­nen gleich­na­mi­gen Film, der erst­mals zur Eröff­nung der Ber­li­nale 1999 vor­ge­führt wurde.