
Marina Müller-Klösel und Stephanie Lahusen © Gabriele Schreckenberg
Von Gabriele Schreckenberg
Werkstatt klingt nach Tun – und das ist hier auch so
Ein Ortsbesuch gibt Aufschluss.
Marina Müller-Klösel und Stephanie Lahusen empfangen mich in ihrem hellen Büro um die Ecke von der Nordstraße in Düsseldorf. Geschäftiges Treiben herrscht auf der beliebtesten Einkaufsstraße der Stadt: Radfahrer und Fußgänger bevölkern die Gegend, die Straßenbahnen verraten durch ihr Surren auf den Gleisen ihre Betriebsamkeit. Mittendrin sitzen die beiden Frauen und erzählen von ihrem Projekt namens „Werkstatt Lebenshunger“.
Der Safe Space für Betroffene
Hierher kommen Jungen und Mädchen, Frauen und Männer mit Essstörungen. Dazu zählen Anorexie und Bulimie – offensichtliche Essstörungen und heimliche. Und es gibt viele davon, nicht nur in Düsseldorf. Dabei ist die Werkstatt Lebenshunger keine klassische Beratungsstelle, sondern eher ein niedrigschwelliges Angebot, bei dem Eltern auch auf andere betroffene Eltern treffen. „Wir sind hier der Safe Space“, betonen beide.
„Gerade bei Jungen sind Essstörungen ein heimliches Thema“, erzählt Marina Müller-Klösel. Die Journalistin ist im Verein seit vielen Jahren ehrenamtlich tätig. Seite an Seite mit Stephanie Lahusen spricht sie mit Menschen, die in der perfektionistischen Leistungsgesellschaft den Anschluss verlieren.
Man is(s)t nicht genug
Seit 2012 ist die Lebenshunger-Werkstatt bei der Caritas angesiedelt. Das Leuchtturmprojekt finanziert sich durch Spenden, ein Diözesandirektor ist Mitglied im Vereinsvorstand. „Es heißt Lebenshunger, weil die Betroffenen Hunger nach Leben haben. Und wir schaffen hier Räume, um wieder zum Seelenkern vorzustoßen“, erzählt Stephanie Lahusen.
Die jüngste Betroffene ist neun Jahre alt, 13- und 14-Jährige sind am häufigsten vertreten. Dass die Zahl der Hilfesuchenden seit Corona zunächst stark abgenommen hat, ist den Isolierungsmaßnahmen geschuldet. „Corona war out of order – keine Schule, es gab plötzlich keine Struktur mehr“, fügt Marina Müller-Klösel hinzu. Während der Pandemie haben sie sich mit ihren Gruppen am Rheinufer getroffen – so ging es einfach weiter. Inzwischen ist wieder Normalzustand eingekehrt.
Musik und Arbeit mit den Händen helfen
Es gibt einen Pop-Chor, der sich alle 14 Tage trifft. Sie singen, was ihnen gefällt und was ihnen guttut. Es hilft, sagen beide. Kreativ zu sein oder zu werden, hilft. Die Sprache ohne Worte hilft. Viele der Betroffenen haben Klinikerfahrung – und keine Verbindung von ihrem Kopf zu ihrem Herzen. Sprachlosigkeit als bedrückendes Motiv. Beide Frauen versuchen, das hier aufzulösen.
Unterstützung dringend gesucht
Alle Arten von Spenden helfen. „Wir brauchen viel mehr Geld, als wir von der Stadt Düsseldorf bekommen. Allein die Zahlung der angemieteten Räume hier müssen wir lange im Voraus sicherstellen“, erklärt Stephanie Lahusen. Mit dem Jugendamt Düsseldorf arbeiten sie eng zusammen. Die Werkstatt Lebenshunger veranstaltet Workshops, Ausstellungen, Konzerte – und vieles mehr.
Werkstatt-Tag und Lebenshunger-Konzert 2025
Am kommenden Freitag, 14. November, gibt es eine besondere Aktion im Stadtmuseum, Berger Allee 2 in Düsseldorf. Das Programm der Werkstatt Lebenshunger beginnt um 14 Uhr und endet gegen 17 Uhr. Es gibt Einführungen zum Thema „Männer & Essstörungen“, die Vorstellung des neuen Ausstellungsmoduls „Muskeldysmorphie und Essstörungen“ sowie Einblicke in kreative Entwicklungen. Anschließend finden Workshops statt. Schirmherr ist Oberbürgermeister Dr. Stephan Keller.
Verbindliche Online-Anmeldung unter info@werkstattlebenshunger.de
Werkstatt Lebenshunger e.V.
Goebenstraße 1a, 40477 Düsseldorf
Telefon 0211 / 239 71 00
info@werkstattlebenshunger.de
www.werkstattlebenshunger.de



