Tilly Wagen Rosenmontag 2025 © Lokalbüro

Tilly Wagen Rosen­mon­tag 2025 © Lokalbüro

 

In Russ­land ist ein Straf­ver­fah­ren gegen den Düs­sel­dor­fer Kar­ne­vals­künst­ler Jac­ques Tilly ein­ge­lei­tet wor­den. Nach Anga­ben der Initia­tive „Freies Russ­land NRW“ beschäf­tigt sich ein Mos­kauer Gericht mit dem Vor­wurf, der Künst­ler habe soge­nannte Falsch­in­for­ma­tio­nen über die rus­si­sche Armee ver­brei­tet. Grund­lage ist ein Arti­kel des rus­si­schen Straf­ge­setz­bu­ches, der seit Beginn des Angriffs­krie­ges gegen die Ukraine ver­mehrt gegen Kri­ti­ker des Kremls ange­wen­det wird. Im Falle einer Ver­ur­tei­lung kön­nen lang­jäh­rige Haft­stra­fen drohen.

Hin­ter­grund des Ver­fah­rens sind poli­tisch-sati­ri­sche Arbei­ten, die sich kri­tisch mit dem rus­si­schen Prä­si­den­ten Wla­di­mir Putin und dem rus­si­schen Angriffs­krieg aus­ein­an­der­set­zen. Tilly ist seit vie­len Jah­ren für seine groß­for­ma­ti­gen Kar­ne­vals­wa­gen bekannt, die regel­mä­ßig inter­na­tio­nale poli­ti­sche The­men auf­grei­fen. Beson­ders Dar­stel­lun­gen Putins, die im Rah­men des Düs­sel­dor­fer Rosen­mon­tags­zu­ges sowie bei Pro­test­ak­tio­nen im In- und Aus­land gezeigt wur­den, erlang­ten große mediale Aufmerksamkeit.

Die Initia­tive „Freies Russ­land NRW“, ein Zusam­men­schluss oppo­si­tio­nel­ler rus­si­scher Exi­lan­ten, arbei­tet seit meh­re­ren Jah­ren mit dem Künst­ler zusam­men. Im Rah­men gemein­sa­mer Aktio­nen wur­den sati­ri­sche Skulp­tu­ren und Wagen bei Demons­tra­tio­nen und Kund­ge­bun­gen ein­ge­setzt, unter ande­rem in Düs­sel­dorf, Ber­lin und Den Haag. Dort wurde im Mai 2024 ein Kar­ne­vals­wa­gen anläss­lich der Amts­ein­füh­rung Putins prä­sen­tiert, der die Inhaf­tie­rung des rus­si­schen Prä­si­den­ten thematisierte.

Nach Infor­ma­tio­nen der Initia­tive wurde die Anklage Mitte Dezem­ber vor dem Mos­kauer Bas­manny-Bezirks­ge­richt erho­ben. Dem Künst­ler wird vor­ge­wor­fen, aus poli­ti­schen Moti­ven und per­sön­li­chem Inter­esse fal­sche Dar­stel­lun­gen über das rus­si­sche Mili­tär ver­brei­tet zu haben. Ver­gleich­bare Vor­würfe haben in Russ­land bereits zu Haft­stra­fen gegen Jour­na­lis­ten, Akti­vis­ten und Blog­ger geführt, auch in Abwe­sen­heit der Angeklagten.

Beob­ach­ter sehen in dem Ver­fah­ren ein wei­te­res Bei­spiel für das Vor­ge­hen rus­si­scher Behör­den gegen regime­kri­ti­sche Stim­men, auch über die Lan­des­gren­zen hin­aus. Ins­be­son­dere künst­le­ri­sche und sati­ri­sche Aus­drucks­for­men gera­ten dabei zuneh­mend in den Fokus staat­li­cher Repres­sion. Men­schen­rechts­or­ga­ni­sa­tio­nen wei­sen seit Jah­ren dar­auf hin, dass Gesetze gegen angeb­li­che Des­in­for­ma­tion gezielt genutzt wer­den, um oppo­si­tio­nelle Mei­nun­gen zu unterdrücken.

Eine Stel­lung­nahme der rus­si­schen Behör­den zu dem kon­kre­ten Fall liegt bis­lang nicht vor. Auch von deut­scher Seite wur­den unter Hin­weis auf Per­sön­lich­keits­rechte keine detail­lier­ten Anga­ben gemacht. Unab­hän­gig vom Aus­gang des Ver­fah­rens dürfte der Fall inter­na­tio­nal Auf­merk­sam­keit auf sich zie­hen, da er Fra­gen zur Reich­weite rus­si­scher Straf­ver­fol­gung und zur Frei­heit poli­ti­scher Kunst aufwirft.