Elisabeth Wilfart hielt die Gedenkrede

Eli­sa­beth Wilf­art hielt die Gedenkrede

 

 

Drei Jahr­zehnte nach dem gewalt­sa­men Tod von Sieg­fried Struk­meier hat die Stadt Düs­sel­dorf gemein­sam mit der quee­ren Com­mu­nity an den Innen­ar­chi­tek­ten erin­nert, der 1995 im Hof­gar­ten aus Hass auf Schwule ermor­det wurde. Mehr als hun­dert Men­schen kamen am Sonn­tag (2. Novem­ber) zu einer Gedenk­feier unweit des Tatorts.

An der Stelle, an der Struk­meier damals starb, wurde ein Spitz­ahorn gepflanzt, des­sen Blät­ter im Herbst rot­gold leuch­ten. Ein wei­ßer Kranz der LGBTIQ+-Community und ein rot-wei­ßer der Stadt zier­ten den Platz. Eine Gedenk­pla­kette soll bald fol­gen. Ober­bür­ger­meis­ter Ste­phan Kel­ler und Ver­tre­te­rin­nen der Stadt beton­ten die blei­bende Bedeu­tung des Geden­kens – als Erin­ne­rung an das Opfer und als Mah­nung gegen Hass und Ausgrenzung.

Sieg­fried Struk­meier, 1948 in Wup­per­tal gebo­ren, war gelern­ter Ein­zel­han­dels­kauf­mann und spä­ter aner­kann­ter Diplom-Desi­gner. Seit den 1980er-Jah­ren lebte und arbei­tete er in Düs­sel­dorf, wo er sich als Innen­ar­chi­tekt einen Namen machte. Am Abend des 2. Novem­ber 1995 traf er im Hof­gar­ten auf vier junge Män­ner, die gezielt nach homo­se­xu­el­len Opfern such­ten. Sie schlu­gen, belei­dig­ten und ersta­chen ihn. Der 47-Jäh­rige starb noch am Tat­ort. Die Täter wur­den gefasst; einer nahm sich in der Unter­su­chungs­haft das Leben, die ande­ren erhiel­ten Jugendstrafen.

Der Mord an Struk­meier war ein Schock für die Stadt und wurde zum Aus­lö­ser eines gesell­schaft­li­chen Umden­kens. Düs­sel­dorf begann, sich inten­si­ver mit Dis­kri­mi­nie­rung und Gewalt gegen que­ere Men­schen aus­ein­an­der­zu­set­zen. Es ent­stan­den neue Struk­tu­ren: eine Fach­gruppe „Gewalt gegen Les­ben und Schwule“, das „Schwule Über­fall-Tele­fon“ sowie eine Not­ruf­säule im Hof­gar­ten. Diese Maß­nah­men gal­ten damals als deut­li­ches Signal – in einer Zeit, in der die voll­stän­dige Ent­kri­mi­na­li­sie­rung gleich­ge­schlecht­li­cher Bezie­hun­gen erst kurz zuvor erfolgt war.

Schon wenige Monate vor der Tat hatte der Stadt­rat eine Reso­lu­tion ver­ab­schie­det, in der es hieß, Düs­sel­dorf habe als welt­of­fene Stadt die Pflicht, sich aktiv für Men­schen­würde und Gleich­be­rech­ti­gung ein­zu­set­zen. Aus die­ser Hal­tung erwuchs in den Fol­ge­jah­ren eine sicht­bare Bewe­gung: 2000 wurde die Kar­ne­vals­ge­sell­schaft KG Regen­bo­gen gegrün­det, 2004 fand der erste Chris­to­pher Street Day in Düs­sel­dorf statt, und 2021 wurde das Amt für Gleich­stel­lung und Anti­dis­kri­mi­nie­rung geschaffen.

Doch trotz vie­ler Fort­schritte ist die Gefahr von Hass und Gewalt gegen que­ere Men­schen nicht ver­schwun­den. Die Zahl der gemel­de­ten que­er­feind­li­chen Über­griffe in Nord­rhein-West­fa­len hat sich in den ver­gan­ge­nen Jah­ren deut­lich erhöht. Die Stadt sieht darin einen Auf­trag, das Enga­ge­ment gegen Dis­kri­mi­nie­rung weiterzuführen.

Beim Geden­ken erin­nerte Düs­sel­dorfs Gleich­stel­lungs­be­auf­tragte daran, dass Struk­mei­ers Tod nicht nur Trauer, son­dern auch Ver­än­de­rung aus­ge­löst habe: Aus Schmerz sei Enga­ge­ment gewor­den, aus Trauer Bewe­gung. Der Spitz­ahorn im Hof­gar­ten soll künf­tig als leben­di­ges Sym­bol für diese Ent­wick­lung ste­hen – für Mut, Mit­ge­fühl und Mensch­lich­keit in einer Stadt, die sich ihrer Ver­ant­wor­tung bewusst bleibt.