Dr. Bas­tian Fleer­mann (l.), Lei­ter der Mahn- und Gedenk­stätte, und Dr. Bene­dikt Mauer (r.), Lei­ter des Stadt­ar­chivs, prä­sen­tier­ten bei einem Rund­gang vor der offi­zi­el­len Eröff­nung dem Prä­si­den­ten der Ärz­te­kam­mer Nord­rhein, Rudolf Henke, die Schau,©Landeshauptstadt Düsseldorf/Melanie Zanin

 

Neue Son­der­aus­stel­lung in der Mahn- und Gedenk­stätte in Koope­ra­tion mit dem Stadt­ar­chiv Düs­sel­dorf beleuch­tet bis­her wenig beach­te­tes Thema

Zu den “ver­ges­se­nen Opfern” der NS-Dik­ta­tur gehö­ren bis heute die­je­ni­gen Men­schen, die einer Zwangs­ste­ri­li­sa­tion unter­zo­gen wur­den. Die “Unfrucht­bar­ma­chung” von Män­nern und Frauen, die man als angeb­lich “erb­krank” und als Gefahr für die “Ras­sen­hy­giene” des deut­schen Vol­kes ein­stufte, war keine Rand­er­schei­nung: Zwi­schen 1934 und 1945 wur­den alleine in Düs­sel­dorf tau­sende Men­schen Opfer die­ses ent­wür­di­gen­den Ein­griffs. Gemein­sam mit dem Stadt­ar­chiv Düs­sel­dorf und in Zusam­men­ar­beit mit dem Gesund­heits­amt der Lan­des­haupt­stadt wid­met sich die Mahn- und Gedenk­stätte vom 1. Februar bis 6. Juni in einer Son­der­aus­stel­lung die­sem Thema.

Allein im Stadt­ar­chiv haben sich über 3.200 Akten des dama­li­gen “Erb­ge­sund­heits­ge­rich­tes” erhal­ten. Das eigens ein­ge­rich­tete “Erb­ge­sund­heits­ge­richt” an der Müh­len­straße ent­schied über das wei­tere Leben der Betrof­fe­nen. Viel­fach waren es Wohl­fahrts­äm­ter, Heime oder Pfle­ge­an­stal­ten, die als “erb­krank” stig­ma­ti­sierte Men­schen anzeig­ten. Die Maschi­ne­rie, die mit einer “Mel­dung” beim Gesund­heits­amt ein­setzte und dann nach meh­re­ren Instan­zen bis in den OP-Saal führte, wurde von zahl­rei­chen Ver­ant­wort­li­chen in Gang gesetzt: Amts­ärzte, Juris­ten und Behör­den­ver­tre­ter, Vor­mün­der und Anstalts­lei­ter, Haus­ärzte und Psych­ia­ter wirk­ten an die­sen Vor­gän­gen aktiv mit.

Hin­ter jeder der Akte im Stadt­ar­chiv steht eine betrof­fene Per­son, manch­mal auch ganze Fami­lien, die von der NS-Idee eines “gesun­den Volks­kör­pers” heim­ge­sucht wur­den und meist der Zwangs­ste­ri­li­sie­rung zum Opfer fie­len. Die­ses über viele Jahre wenig beach­tete Kapi­tel der NS-Zeit, das auch ein Vor­läu­fer der vom NS-Staat durch­ge­führ­ten “Kran­ken­morde” war, wurde anhand loka­ler und regio­na­ler Quel­len unter­sucht, auf­be­rei­tet und im Rah­men der Son­der­aus­stel­lung zusam­men­ge­tra­gen. Auf groß­for­ma­ti­gen Tafeln im Hin­ter­haus der Gedenk­stätte wer­den die struk­tu­rel­len Bedin­gun­gen, die Mit­wir­ken­den und deren Ent­schei­dungs­grund­la­gen vor­ge­stellt. Immer wie­der wer­den ein­zelne Bei­spiele von Men­schen vor Augen geführt, die zwangs­ste­ri­li­siert wor­den waren. Eine Ein­füh­rung in die natio­nal­so­zia­lis­ti­sche “Ras­sen­hy­giene” und in ras­sis­ti­sche Kör­per­kon­zepte sowie ein Aus­blick auf das Wei­ter­le­ben von Täter wie auch von Betrof­fe­nen ergän­zen die Ausstellung.

Zur Aus­stel­lung erscheint im März der neue Band der “Klei­nen Schrif­ten­reihe der Mahn- und Gedenk­stätte”: Band 11 (her­aus­ge­ge­ben vom För­der­kreis der Mahn- und Gedenk­stätte Düs­sel­dorf e.V. und dem Evan­ge­li­schen Kir­chen­kreis Düs­sel­dorf). Bas­tian Fleermann/Benedikt Mauer: “zwangs ste­ri­li­siert. Ein­griffe in die Men­schen­würde in Düs­sel­dorf 1934–1945”. Erhält­lich für 7 Euro in der Gedenk­stätte, im Buch­han­del und im DROSTE-Ver­lag (ISBN 9–783-7700–6047‑4).

Eröff­nung am heu­ti­gen Montag
Die Eröff­nung am 31. Januar wird coro­nabe­dingt im engs­ten Kreis began­gen. Josef Hin­kel, Ers­ter Bür­ger­meis­ter der Lan­des­haupt­stadt, und Rudolf Henke, Prä­si­dent der Ärz­te­kam­mer Nord­rhein, spre­chen Gruß­worte. Die Bei­geord­ne­ten Chris­tian Zaum und Hans-Georg Lohe wer­den ebenso an der Eröff­nung teil­neh­men wie Dipl.-Psych. Andrea Mel­ville-Dre­wes, die der­zei­tige kom­mis­sa­ri­sche Amts­lei­te­rin des Gesund­heits­am­tes Düs­sel­dorf, und Hein­rich Fucks, Super­in­ten­dent des evan­ge­li­schen Kir­chen­krei­ses Düsseldorf.

Die Aus­stel­lung ist für inter­es­sierte Besu­che­rin­nen und Besu­cher dann ab dem mor­gi­gen Diens­tag, 1. Februar, in der Mahn- und Gedenk­stätte Düs­sel­dorf, Müh­len­straße 29, zu sehen. Die Öff­nungs­zei­ten: diens­tags bis frei­tags und sonn­tags von 11 bis 17 Uhr, sams­tags von 13 bis 17 Uhr. Der Ein­tritt ist frei. Es gilt die 2G-Regel. Füh­run­gen für Klein­grup­pen müs­sen vorab tele­fo­nisch unter 0211–89-96205 ange­mel­det werden.