Regina Schä­fer Foto: Gabriele Schreckenberg

 

Gabriele Schre­cken­berg erin­nert sich !

Beim Jah­res­emp­fang des CDU-Stadt­be­zirks­ver­bands 05 am 27. April in der Inter­na­tio­nal School Düs­sel­dorf (ISD) saß Regina Schä­fer (93) in der ers­ten Reihe. Im Kos­tüm, frisch vom Fri­seur, zu dem sie immer sams­tags mor­gens ging, mit ihrer Kamera aus­ge­rüs­tet, hörte sie den Red­nern auf der Bühne zu. Dies­mal war Jens Spahn aus Ber­lin zu Gast und hielt den Hauptvortrag.

Als nach einer Stunde das Spek­ta­kel vor­bei war und Jens Spahn eilig war, um nach Aachen zu wei­te­ren Ter­mi­nen auf­zu­bre­chen, schritt Regina Schä­fer ein. „Zuerst machen wir ein Foto von allen!“, rief sie ener­gisch. Und die Her­ren ver­sam­mel­ten sich zum Schluss­bild: Jens Spahn, Olaf Lehne, Andreas Paul Stie­ber, Domi­nik Dim­mend­aal, Bene­dict Stie­ber. Bea­trice Cas­ton und Frank Tschan von der ISD-Schul­lei­tung kann­ten sie lange und wuss­ten: Wider­stand ist zweck­los. Wenn sie ansagte, gehorchte man(n). Und das war gut so, denn Regina Schä­fer hat Jahr­zehnte Foto­ge­schichte mit ihrer Kamera geschrieben.

An die­sem Tag Ende April erzählte sie mir in ihrem typi­schen Rhei­ni­schen Dia­lekt – sie war ein Ham­mer Mäd­chen –, dass sie in die­sem Jahr zum wirk­lich letz­ten Mal acht Bru­der­schaf­ten mit Fotos ver­sor­gen werde. „Isch kann nimmi“, sagte sie mir. Und ich sah sie an und ant­wor­tete: „Liebe Regina, das sagst du mir schon seit zehn Jahren!“

Ein rhei­ni­sches Original

Regina Schä­fer war ein ech­tes Ori­gi­nal. Gebo­ren am 30. März 1931 in Kap­pes-Hamm, zog sie nach ihrer Hei­rat mit Adolf Schä­fer in sein Eltern­haus auf die Lohau­ser Dorf­straße. Glei­cher­ma­ßen blieb sie Hamm ver­bun­den, sang Jahr­zehnte im Cäci­li­en­chor, den sie min­des­tens ein­mal pro Woche zu Pro­ben auf­suchte. Bei Kon­zer­ten war sie immer dabei. Gleich­zei­tig grün­dete sie eine Fami­lie. Und ihr Leben war nicht nur son­nig, son­dern auch von Ver­lus­ten geprägt, doch sie stand immer wie­der auf.

Ihr ers­tes Kind starb an plötz­li­chem Kinds­tod. Ihr zwei­tes Kind, eine Toch­ter, war von Geburt an behin­dert. Regina ver­sorgte und betreute sie lie­be­voll ihr gan­zes Leben lang. Sie starb vor etwa sechs Jahren.

Ihren Mann ver­lor sie an eine Krebs­er­kran­kung. Der jüngste Sohn, Bernd, lebt in der Nähe und ist ihr Son­nen­schein. Lie­be­voll pflegte er stets den gro­ßen Gar­ten und besuchte sie oft. Ihr Band war bis zu ihrem letz­ten Atem­zug sehr eng.

Regina und ich

Wie habe ich Regina Schä­fer ken­nen­ge­lernt? Das war 1996, als ich beim Nord­bote begann. Bei den ers­ten Schüt­zen­fes­ten fiel mir eine ener­gi­sche Frau auf, die stets mit einem Foto­ap­pa­rat bewaff­net war und sehr selbst­be­wusst in die erste Reihe ging, um rich­tig schöne Auf­nah­men zu machen. Dabei spielte es keine Rolle, ob sie den neuen Schüt­zen­kö­nig aus Witt­laer foto­gra­fierte oder den Papst in Rom. Regina war furcht­los, fröh­lich, fei­erte gern und war mehr als ein hal­bes Jahr­hun­dert in der Lohau­ser Bütt. Sie ließ sich nie­mals unter­krie­gen, war men­schen­freund­lich und sprach nicht böse über andere Menschen.

Ich habe sie fast 30 Jahre lang nach Fotos gefragt. Ohne ihre Hilfe hätte ich viele Arti­kel nie­mals bebil­dern kön­nen. In ihrem Haus in Lohau­sen ächz­ten die Flure, die Wände, die Schränke unter dem Gewicht von vie­len tau­sen­den Fotos, die sie im Laufe der Jahre ange­fer­tigt hat. Alle Bru­der­schaf­ten im Stadt­nor­den und noch dazu in Hamm hat sie bei jedem Schüt­zen­fest mit Fotos ver­sorgt, die letz­ten Jahre sogar digital.

Sie hat so lange für andere nach pas­sen­den Fotos gekramt, bis sie die rich­ti­gen gefun­den hatte. Da konnte der Kaf­fee auch schon mal kalt wer­den oder die Suppe auf dem Herd über­ko­chen, wenn sie in die Suche ver­tieft war.

Begon­nen hatte sie mit dem Foto­gra­fie­ren vor vie­len Jah­ren, um die Krank­heit und gesund­heit­li­chen Fort­schritte ihrer Toch­ter Ursula für die Ärzte zu doku­men­tie­ren. Dar­aus wurde eine lebens­lange Leidenschaft.

Wir haben uns oft getrof­fen, Regina und ich, auf Fes­ten, Fei­er­lich­kei­ten, bei Aus­zeich­nun­gen. Wir haben auf ihrer Couch im Wohn­zim­mer geses­sen und beide geweint, nach­dem ihre Toch­ter gestor­ben war. Auf dem Weih­nachts­markt in Kai­sers­werth haben wir einen Schnaps gegen die Kälte getrun­ken. Wir haben in ihrem Win­ter­gar­ten Platz genom­men und in ihrem Foto-Schatz gestö­bert. Wir haben gute Zei­ten mit­ein­an­der gehabt und uns nie gestrit­ten, dabei ist es leicht, mit mir zu streiten.

Doch Regina war eine gute Seele, die sich aber nicht die But­ter vom Brot neh­men ließ. Ohne jede Berüh­rungs­angst. Ohne Vorurteile.

Zu allen Anläs­sen im Freun­des­kreis ver­fasste sie ein Gedicht. Des­halb ist sie auch bekannt als die Heimatdichterin.

Als wir uns am 27. April in der ISD nach drei Jah­ren wie­der­tra­fen, sagte sie zu mir: „Wie schön, dass ich dich noch ein­mal sehe!“ Es war unser vor­letz­tes Tref­fen. Anfang Mai besuchte ich sie in Lohau­sen, weil sie von der höchs­ten Aus­zeich­nung erzählte, die ihr die St. Sebas­tia­nus Bru­der­schaft Hamm ver­lie­hen hatte: die sil­berne Ehren­na­del. Die hat noch nie eine Frau bekom­men. Zu Recht war sie stolz darauf.

Ihr Flur hängt voll mit Aus­zeich­nun­gen, dem gro­ßen Ver­dienst­kreuz am Bande, der päpst­li­chen Aus­zeich­nung und noch vie­lem mehr.

Und ich sagte: „Regina, da müs­sen wir was draus machen und ich schreibe dar­über!“ Als ich bei ihr war, um sie in ihrem Gar­ten damit zu foto­gra­fie­ren, sah ich ein­mal mehr die tau­sen­den Fotos über­all im Haus.

„Ich bin dabei, Ord­nung zu schaf­fen“, sagte sie mir. Als hätte sie es gewusst.

Wir wer­den Regina Schä­fer nie ver­ges­sen. Ein rhei­ni­sches Original.