v.l. Lothar Hör­ning, Mona Neu­baur, OB Ste­phan Kel­ler und Marie-Agnes Strack-Zim­mer­mann © LB / Olaf Oidtmann

 

Von Man­fred Fammler

Der Rosen­mon­tags­zug 2025 war ein gran­dio­ses Finale der Jubi­lä­ums­ses­sion „200 Jahre Kar­ne­val in Düs­sel­dorf“. Die Kar­ne­va­lis­ten zeig­ten Flagge – durch Jac­ques Til­lys sati­risch-bis­sige Wagen und ein deut­li­ches Zei­chen gegen den Aus­ver­kauf sowie die feh­lende Unter­stüt­zung der Ukraine. CC-Prä­si­dent Lothar Hör­nig, OB Ste­phan Kel­ler, Vize-MP Mona Neu­bauer und EP Marie-Agnes Strack-Zim­mer­mann schrit­ten mit der gelb-blauen Fahne über den Markt­platz und wur­den von den zahl­rei­chen Besu­chern vor dem Rat­haus bejubelt.

Allein mit die­ser Soli­da­ri­täts­ak­tion zeigte sich der när­ri­sche Lind­wurm in der Lan­des­haupt­stadt als der wohl poli­tischste Rosen­mon­tags­zug in Deutsch­land. Bis über die Scham­grenze hin­aus­ge­hend zeigte sich die Offen­heit der Jecken­spitze und die Frei­heit, die sich ein Künst­ler neh­men darf – und neh­men muss. Im Kreml, im Wei­ßen Haus und in einem Neben­ge­bäude am Platz des Himm­li­schen Frie­dens in Peking zogen bestimmt Gewit­ter­wol­ken vor der Stirn der drei Des­po­ten auf, als sie mit ihrem klei­nen „Despöt­chen“ nackt vor die Welt­öf­fent­lich­keit tre­ten muss­ten. Beein­dru­ckend war zudem die Par­al­lele zum Hit­ler-Sta­lin-Pakt von 1939, den Tilly her­aus­ar­bei­tete – mit dem Polen geop­fert wurde und in deren Rolle sich nun die Ukraine befin­det. „Das ist auch mein Lieb­lings­wa­gen“, sagte er nach dem Defi­lee des jecken Lindwurms.

Und wie war die Reak­tion auf die „Nazi-Hexe“ Alice Wei­del, die mit einem sym­me­trisch ver­schlun­ge­nen Haken­kreuz junge Wäh­ler anlockt? Tilly schmun­zelt: „Die ers­ten 30 Belei­di­gun­gen sind schon per Mail eingetroffen.“

Ob die KI die mensch­li­che Intel­li­genz frisst oder Merz als Las­ten­esel den Boden unter den Füßen ver­liert – schon bevor er Kanz­ler ist (die­ser Wagen wurde als letz­ter fer­tig­ge­stellt) –, die Lan­des­haupt­stadt zeigte sich am Rosen­mon­tag im Sonntagskleid.

Das zusätz­lich Beein­dru­ckende jedoch bleibt, dass alle Düs­sel­dor­fer Kar­ne­vals­ver­eine in die­sem Punkt an einem Strang zie­hen und sagen kön­nen, dass dies ihr Rosen­mon­tag in ihrer Stadt ist – und er eben poli­tisch zu sein hat.

Dass das Wet­ter einen gro­ßen Anteil am Ses­si­ons­fi­nale hatte, sei geschenkt. Denn bes­ser geht’s wirk­lich nicht. So waren die zahl­rei­chen Kar­ne­vals­ver­eine in aller­bes­ter Wurf­laune, und die Kamelle pras­sel­ten vie­ler­orts auf dem Weg durch die Innen­stadt auf die Besu­cher nie­der. „Es war der schönste Rosen­mon­tag seit Jah­ren“, war häu­fig zu hören.

Ebenso strahl­ten die Kos­tüme mit der Sonne und den Far­ben, die die Nuan­cen zum Leuch­ten brach­ten. Apro­pos Kos­tüme: Auf Ein­la­dung des Ober­bür­ger­meis­ters hatte das Rat­haus plötz­lich ein Insek­ten­pro­blem. Grüne Tau­send­füß­ler aus Strau­bing tauch­ten an vie­len Ecken in dem loka­len Regie­rungs­sitz auf. Als Gewin­ner eines Kos­tüm­wett­be­werbs beim Kö-Trei­ben erhiel­ten die Nie­der­bay­ern eine Ein­la­dung ins Rat­haus, wo sie mit dem Kaba­ret­tis­ten Alfons „Fonse“ Dop­pel­ham­mer als Tau­send­füß­ler „nach der Infla­tion“ für viel gute Laune sorg­ten. „Wir för­dern die rhei­nisch-baye­ri­sche Freund­schaft“, sagte er, warf sich auf den Boden und zeigte eine sport­li­che „Sechs-Füßler“-Einlage. „Eben nach der Infla­tion“, lachte er.

Ober­bür­ger­meis­ter Ste­phan Kel­ler prä­sen­tierte sich im Look des Vor­märz – also der Alt­vor­de­ren des Car­ne­val Comi­tés zum Zeit­punkt der Grün­dung 1825. Ein stim­mi­ges und his­to­ri­sches Kos­tüm, das an die­sem Tag tref­fend und klei­dend her­vor­ra­gend zu einem Düs­sel­dor­fer Ober­bür­ger­meis­ter passte – eine Remi­nis­zenz an die Grün­der­zeit und die ers­ten när­ri­schen Gehversuche.

Und der „Wal­king Act“ Hop­pe­ditz – die seit die­ser Ses­sion wan­delnde Ikone der Düs­sel­dor­fer Nar­ren? Er leis­tete vor der Rat­haus­tri­büne wahre Höchst­leis­tun­gen. Hätte er ein Bal­lett­röck­chen statt einer Hose getra­gen, so wäre er zur Dancing Queen gekürt wor­den. So aber hat er sich die inof­fi­zi­elle Aus­zeich­nung zum „Dancing Act“ mehr als verdient.

„200 Johr – Hütt on wie et wor“: 700.000 Besu­cher säum­ten den Zug­weg und fei­er­ten mit den 11.000 Jecken im Zug aus­ge­las­sen, fried­lich und gemein­sam. Nar­ren an die Macht? Aber dann nur die ech­ten Jecken!