Die Foto­aus­stel­lung “Zusam­men­spiel” zeigt vom 12. August bis zum 30. Okto­ber die klas­si­sche, ana­loge Foto­gra­fie von Nata­scha Borow­sky in Kom­bi­na­tion mit der expe­ri­men­tel­len, digi­ta­len Bild­welt von Anne Pöhl­mann im Kunst­ar­chiv Kaiserswerth,©Landeshauptstadt Düsseldorf/Uwe Schaffmeister

 

Die Foto­aus­stel­lung “Zusam­men­spiel” zeigt vom 12. August bis zum 30. Okto­ber die klas­si­sche, ana­loge Foto­gra­fie von Nata­scha Borow­sky in Kom­bi­na­tion mit der expe­ri­men­tel­len, digi­ta­len Bild­welt von Anne Pöhl­mann im Kunst­ar­chiv Kai­sers­werth, Suit­ber­tus-Stift­s­platz 1.

Einen ers­ten Ein­blick in die Aus­stel­lung gaben Nata­scha Borow­sky, Anne Pöhl­mann, Michael Voets, Kura­tor, sowie Katja Beh­rens, Kunst­his­to­ri­ke­rin, am Diens­tag, 9. August.

Nata­scha Borow­sky, 1964 in Düs­sel­dorf gebo­ren, Schü­le­rin von Bernd & Hilla Becher, und Anne Pöhl­mann, 1978 in Dres­den gebo­ren, Schü­le­rin von Tho­mas Ruff und Rita McBride, ver­tre­ten unter­schied­li­che foto­gra­fi­sche Ansätze. Damit reprä­sen­tie­ren sie die zwei Gene­ra­tio­nen der Düs­sel­dor­fer Foto­gra­fie. Tex­ti­lien, Stoffe und Stoff­lich­keit all­ge­mein durch­zie­hen die Expo­nate der Aus­stel­lung “Zusam­men­spiel” und ihre Ver­wen­dung auf der moti­vi­schen Ebene oder aber als Bild­trä­ger bezie­hungs­weise Erwei­te­rung des Bil­des. Die­ses gemein­same Inter­esse gilt es ent­spre­chend den indi­vi­du­el­len Ansät­zen der Künst­le­rin­nen zu beschrei­ben und zu unterscheiden.

Nata­scha Borowsky
Nata­scha Borow­sky arbei­tet über­wie­gend mit den klas­si­schen Mit­teln der ana­lo­gen Foto­gra­fie in Auf­nahme und Ver­grö­ße­rung. Ihre Bild­stra­te­gie ist vor­der­hand doku­men­ta­risch, mit einem Schwer­punkt auf dem Still­le­ben-Genre. Fund­stü­cke natür­li­chen oder zivi­li­sa­to­ri­schen Ursprungs bil­den die Aus­gangs­ele­mente ihrer Bild­kom­po­si­tio­nen: Steine, Muscheln, getrock­nete Pflan­zen­teile, Objekte aus der asia­ti­schen Heil­kunst oder Fund­stü­cke aus kul­ti­schen Kon­tex­ten. Ebenso arran­giert sie defor­mierte Plas­tik­reste, Sty­ro­por­ob­jekte oder Sei­fen­stü­cke auf ihren Bil­dern. Die Objekte wer­den auf mehr oder weni­ger far­bi­gen tex­ti­len Bild­un­ter­grün­den plat­ziert und bei Tages­licht aufgenommen.

Die gezeig­ten Arbei­ten haben ihren Ursprung im Kon­text eines Arbeits­sti­pen­di­ums in Mum­bai, das die Künst­le­rin 2012 auf Ein­la­dung der Kunst­stif­tung NRW absol­vierte. Dies gilt für die im Rah­men der Serie “untit­led” ent­stan­de­nen Foto­gra­fien von 2013/14 und umso erkenn­ba­rer für die Werke aus der Reihe “tran­si­tion” von 2014/17. In die­ser Serie voll­zieht die Künst­le­rin erst­ma­lig einen Blick­wech­sel, von der klein­for­ma­ti­gen Objekt­fo­to­gra­fie hin zu groß­for­ma­ti­gen Land­schafts­aus­schnit­ten. Die gewähl­ten Ansich­ten ver­ge­gen­wär­ti­gen aus­schnitt­haft Situa­tio­nen in den Man­gro­ven­wäl­dern an der Küste bei Mum­bai. Was zunächst wie eine foto­gra­fierte Instal­la­tion wirkt, ist eine vor­ge­fun­dene Situa­tion, ent­stan­den aus dem Zusam­men­spiel der Gezei­ten, der zivi­li­sa­to­ri­schen Abfälle und dem bio­mor­phen Geflecht der Man­gro­ven, in dem sich die far­bi­gen Relikte ansam­meln. Die for­mal gewer­te­ten land­schaft­li­chen Situa­tio­nen sind Aus­druck einer tie­fen foto­gra­fi­schen Über­zeu­gung der Künst­le­rin selbst: Foto­gra­fie ist stets eine Moment­auf­nahme, ein kur­zes Inne­hal­ten in einem Pro­zess ewi­gen Wandels.

Die dritte von Nata­scha Borow­sky gezeigte Werk­reihe “khadi” aus 2015/16 erhebt die ehe­mals zu Hin­ter­grün­den bestimm­ten Stoffe zum eigent­li­chen Motiv. Der Begriff Khadi bezeich­net hand­ge­webte Stoffe aus hand­ge­spon­ne­nen Natur­fa­sern, die tra­di­tio­nell in Indien, Ban­gla­desch und Paki­stan her­ge­stellt wer­den. In die­ser Serie erreicht die Arbeits­weise der Foto­gra­fin ihren höchs­ten Abstraktionsgrad.

Anne Pöhl­manns
Anne Pöhl­manns Arbei­ten reflek­tie­ren die sich ste­tig ver­än­dern­den Bedin­gun­gen der digi­ta­len Foto­gra­fie. Ihre seri­el­len Arbei­ten druckt sie auf Pos­ter, Ban­ner, Kunst­stoffe oder Tex­ti­lien und ent­wi­ckelt spe­zi­fi­sche Raum­in­stal­la­tio­nen dafür. Vor die­sem Hin­ter­grund der Neu- und Umwer­tung der foto­gra­fi­schen Bild­kon­sti­tu­tion wurde Anne Pöhl­mann 2017 zu einem Arbeits­auf­ent­halt nach Japan ein­ge­la­den, der ihr wesent­li­che Impulse und Motive ver­mit­telte. Nach ihrer Rück­kehr ent­steht 2018 das “Japan Diary”, das mit sei­ner unge­wohnt viel­fäl­ti­gen Motiv­welt einen Wen­de­punkt inner­halb des bis­he­ri­gen Oeu­vres mar­kiert. Die Serie zeigt Archi­tek­tur­si­tua­tio­nen, urbane All­tags­sze­nen, Por­träts, Mode­fo­to­gra­fien oder Blu­men­ar­ran­ge­ments im Sinne der Ike­bana Kunst gestal­tet. Die Foto­gra­fien sind auf Seide gedruckt, die an den Rän­dern von Tex­til­ele­men­ten ein­ge­fasst wur­den. Das eigent­li­che Bild erwei­tert sich in eine tex­tile Rah­mung, die zum Betas­ten, zum Anfas­sen anreizt.

Auch die im Anschluss in China ent­wi­ckelte “Chong­qing Serie” aus 2018 betont die Mate­ria­li­tät des Bild­trä­gers. Die Motive, foto­gra­fi­sche Aus­schnitte aus einem gefun­de­nen bedruck­ten Wer­be­ban­ner, das zwi­schen­zeit­lich zu einer Abdeck­plane auf einer Bau­stelle umfunk­tio­niert wor­den war, sind auf einen Ver­bund aus Papier und Seide gedruckt. Im Nach­gang wurde der Bild­trä­ger künst­lich geal­tert, sprich gewa­schen. Im Ergeb­nis ist der Bild­trä­ger ver­wor­fen, zer­knit­tert und plas­tisch struk­tu­riert. Er stellt eine Refe­renz zu dem im Motiv fest­ge­hal­te­nen Wer­be­ban­ner her.

Die jüngste gezeigte Werk­gruppe “Honey Traps” aus dem Jahr 2022 wurde in einer kräf­ti­gen, dunk­len Tona­li­tät Varia­tio­nen und Bewe­gungs­mus­ter von dra­pier­tem syn­the­ti­schen Netz­ma­te­rial ent­wi­ckelt: Netze, die in die­ser Art in der Land­wirt­schaft zum Schutz von her­an­wach­sen­den Jung­pflan­zen oder Frucht­stän­den ver­wen­det wer­den. Mit den Mit­teln der Licht­füh­rung und dem Ein­satz unter­schied­li­cher Tie­fen­schär­fen ent­wi­ckeln die zar­ten wei­ßen Linea­mente der Netz­struk­tu­ren auf dem dunk­len Unter­grund inten­siv male­ri­sche Wir­kun­gen. Von den Arbei­ten geht ein düs­te­rer und den­noch sinn­li­cher Reiz aus — ähn­lich wie bei einem Netz, das in sei­ner schüt­zen­den Funk­tion auch immer von dem bedroh­li­chen Bild eines Fan­gin­stru­ments beglei­tet wird.

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