Künst­ler Chris­toph Wes­ter­meier, Bei­geord­nete Miriam Koch, Heike van den Valen­tyn, Vor­sit­zende Kunst­kom­mis­sion, Künst­ler Andreas Siek­mann und Rhein­bahn­vor­stand Klaus Klar (v.l.),©Landeshauptstadt Düsseldorf/Ingo Lammert

 

Sie­ger­ent­würfe von Chris­toph Wes­ter­meier und Andreas Siek­mann schmü­cken zwei Stadt­bah­nen der Rheinbahn

Die Kunst­kom­mis­sion der Lan­des­haupt­stadt Düs­sel­dorf hat vor fünf Jah­ren ihre Arbeit auf­ge­nom­men. Anläss­lich die­ses Jubi­lä­ums stellt die Rhein­bahn der Kom­mis­sion zwei Stadt­bah­nen zur künst­le­ri­schen Gestal­tung zur Verfügung.

Im Rah­men eines Wett­be­werbs wur­den zwei Ent­würfe für die Rea­li­sie­rung aus­ge­wählt. Der eine stammt von dem Düs­sel­dor­fer Künst­ler Chris­toph Wes­ter­meier, der andere von Andreas Siek­mann aus Ber­lin. Der Vor­stands­vor­sit­zende der Rhein­bahn, Klaus Klar, die Bei­geord­nete für Kul­tur und Inte­gra­tion, Miriam Koch, sowie die Vor­sit­zende der Kunst­kom­mis­sion, Heike van den Valen­tyn, stell­ten die Bah­nen am Sams­tag, 24. Juni, gemein­sam mit den bei­den Künst­lern vor.

Heike van den Valen­tyn bedankte sich bei der Rhein­bahn für die gute Koope­ra­tion und wies auf das Wir­ken der Kom­mis­sion in den ver­gan­ge­nen fünf Jah­ren und die Bedeu­tung ihrer Arbeit für eine Wei­ter­ent­wick­lung von Kunst im öffent­li­chen Raum hin. “Es ist Vie­les auf den Weg gebracht wor­den, oft sind es lange Umset­zungs­zeit­räume, die nicht sel­ten unser Selbst­ver­ständ­nis als Gesell­schaft betref­fen und somit auch inten­sive Aus­hand­lungs­pro­zesse in Gang set­zen. Denn der öffent­li­che Raum ist immer auch ein poli­ti­scher, ein Reso­nanz­raum unse­rer Gesell­schaft, in dem auch darum gerun­gen wird, wer wie und mit wel­cher Aus­sage sicht­bar ist.”

Der Ent­wurf “Über­se­hen­sicht” des Düs­sel­dor­fer Künst­lers Chris­toph Wes­ter­meier macht dar­auf auf­merk­sam, dass viele Kunst­werke im öffent­li­chen Raum nicht mehr wahr­ge­nom­men wer­den — sei es, weil sie über­se­hen wer­den, über­wach­sen oder zu selbst­ver­ständ­lich gewor­den sind. Die Sicht­bar­keit ist aber eine Vor­aus­set­zung für eine zeit­ge­nös­si­sche, auch kri­ti­sche Betrach­tung und Bewer­tung von his­to­ri­schen Wer­ken, die heute anders ein­ge­ord­net wer­den als noch zu ihrer Entstehungszeit.

Sein Rhein­bahn-Ent­wurf kom­bi­niert Bil­der von Details aus­ge­wähl­ter Skulp­tu­ren im öffent­li­chen Raum Düs­sel­dorfs mit einem leuch­ten­den Band, das an einen som­mer­li­chen Son­nen­un­ter­gang am Rhein erin­nert. Die Fotos mit Kör­per­tei­len, extre­men Per­spek­ti­ven oder Mate­ri­al­de­tails geben Hin­weise auf die Skulp­tu­ren, meist ohne ihre Iden­ti­tät preis­zu­ge­ben. Viel­mehr soll die Erin­ne­rung der Men­schen, die in der Stadt leben oder diese besu­chen, ange­regt werden.

An die Stadt­ge­sell­schaft rich­tet sich auch der Ent­wurf “Stan­dard & Poors” des in Ber­lin leben­den Künst­lers Andreas Siek­mann. Auf bei­den Sei­ten der Bahn befin­det sich eine Serie von Pik­to­gram­men aus ste­hen­den oder gehen­den Figu­ren. Sie ver­wei­sen mit ihren Attri­bu­ten auf ver­schie­dene Rol­len und Berufe inner­halb unse­rer Gesell­schaft, vor allem auf die Migra­ti­ons­po­li­tik und deren Aus­wir­kun­gen auf Arbeits­ver­hält­nisse. Mit sei­ner gesell­schafts­kri­ti­schen Arbeit macht Siek­mann auf Miss­stände, poli­ti­sche Ereig­nisse und dring­li­che Fra­ge­stel­lun­gen auf­merk­sam und setzt sie mit den Bahn­fah­ren­den in Beziehung.

Hin­ter­grund

Chris­toph Wes­ter­meier “Über­se­hen­sicht”
Seit fünf Jah­ren wird Kunst im öffent­li­chen Raum von der Kunst­kom­mis­sion Düs­sel­dorf initi­iert und ermög­licht; doch prägt Kunst den öffent­li­chen Raum schon län­ger und hat eine jahr­hun­der­te­lange Tra­di­tion. Aller­dings sind viele Kunst­werke so mit dem Stadt­bild ver­wach­sen, dass sie in ihrer Umge­bung auf­ge­hen und sie kaum noch wahr­ge­nom­men werden.

“Über­se­hen­sicht” geht die­sem Phä­no­men des Über­se­hen­wer­dens nach und zeigt eine Aus­wahl von Kunst­wer­ken des 19. und frü­hen 20. Jahr­hun­derts im öffent­li­chen Raum der Lan­des­haupt­stadt Düsseldorf.

Auf der Bahn sind Aus­schnitte fol­gen­der Arbei­ten zu sehen:

  • Auf­stei­gen­der Jüng­ling, Georg Kolbe, 1933/1949, Ehrenhof
  • San­da­len­bin­de­rin, August Kraus, 1901/1961, Schwanenspiegel
  • Adam und Eva, Peter Chris­tian Breuer, 1894/1941, Floragarten
  • Bis­marck-Denk­mal, August Bauer, Johan­nes Rött­ger, 1899/1963, Martin-Luther-Platz
  • Stahl­ar­bei­ter, Künst­ler anonym, 19. Jahr­hun­dert, Relief aus dem ehe­ma­li­gen Stahl­werk Ober­bilk, jet­zi­ger Stand­ort: Aus­gang Haupt­bahn­hof, Bertha-von-Suttner-Platz
  • Foh­len, Renée Sin­te­nis, 1929/1969, Hof­gar­ten, Goltsteinstraße/Seufzerallee
  • Krie­ger­denk­mal 1870/1871, Karl Hil­gers, 1892, Hof­gar­ten, Landskrone
  • Indus­trieb­run­nen, Fritz Cou­bil­lier, 1911/1939, Fürstenplatz
  • Mär­chen­brun­nen, Max Blon­dat, 1905/1985, Hof­gar­ten, Napoleonsberg
  • Kugel­spie­le­rin, Wal­ter Schott, 1897/1902, Graf-Adolf-Platz

Chris­toph Wes­ter­meier (*1984 in Köln, lebt und arbei­tet in Düs­sel­dorf) stu­dierte an der Kunst­aka­de­mie Düs­sel­dorf bei Tho­mas Ruff, Rita McBride und Chris­to­pher Wil­liams, des­sen Meis­ter­schü­ler er ist. Ein Post­gra­du­ier­ten­stu­dium absol­vierte er bei de Ate­liers in Ams­ter­dam. Seine Arbei­ten wur­den in den letz­ten Jah­ren unter ande­rem bei den Darm­städ­ter Tagen der Foto­gra­fie (2023), bei dues­sel­dorf­photo+ (2022), in der Kunst­halle Düs­sel­dorf sowie im Lud­wig Forum in Aachen (2020), Museum Mors­broich (2019) und KIT (2018) gezeigt. 2023 erschien in Zusam­men­ar­beit mit dem bel­gi­schen Künst­ler Jur­gen Ots das Künst­ler­buch “Der Magen Euro­pas”. Seit 2022 ist er im Vor­stand des Künst­ler­ver­eins Mal­kas­ten in Düsseldorf.

Andreas Siek­mann “Stan­dard & Poors”
Bei die­sem Ent­wurf geht es vor allem um das Ver­bot oder das Zulas­sen von Migra­tion und wie sich das auf die Arbeits­ver­hält­nisse aus­wirkt. Das betrifft die Berufe von Mit­ar­bei­ten­den der Grenz­si­che­rung, der Poli­zei oder den Mel­de­be­hör­den, aber auch die Beschäf­tig­ten, die wegen ihres begrenz­ten oder gedul­de­ten Auf­ent­halts­sta­tus keine Arbeits­rechte haben. Zudem wer­den in die­sem Zusam­men­hang Mit­ar­bei­tende im Rei­ni­gungs­we­sen, als Lie­fer­ser­vice an der Haus­tür, in der Arbeit in Alten­hei­men und Kran­ken­häu­sern oder als Sai­son­ar­bei­te­rin­nen und ‑arbei­ter bei der Ernte gezeigt. Die Figu­ren beschrei­ben diese Berufe.

Andreas Siek­mann (*1961 in Hamm, lebt und arbei­tet in Ber­lin) ist ein deut­scher Künst­ler, der in den Medien Film, Male­rei, Zeich­nun­gen und Objekte arbei­tet. Er stu­dierte an der Kunst­aka­de­mie Düs­sel­dorf. In sei­nen Wer­ken beschäf­tigt er sich mit der Öko­no­mi­sie­rung und Pri­va­ti­sie­rung des öffent­li­chen Stadt­rau­mes; dabei folgt er den poli­ti­schen Anlie­gen der Kunst­schaf­fen­den der Köl­ner Pro­gres­si­ven aus den 1920er Jah­ren. 2002 und 2007 nahm er an der Docu­menta in Kas­sel teil, unter ande­rem mit der Arbeit eines Karus­sells vor dem Fri­de­ri­cia­num mit dem Titel “Die Exklu­sive – Zur Poli­tik des aus­ge­schlos­se­nen Vier­ten”. Seine Arbei­ten wur­den inter­na­tio­nal gezeigt, unter ande­rem in der Schweiz, in Öster­reich, Boli­vien, Argen­ti­nien, Spa­nien und der Ukraine.