Düs­sel­dor­fer Syn­agoge und Schau­spiel­haus vor 1938,©Mahn- und Gedenk­stätte Düsseldorf

 

Künst­ler Mischa Kuball prä­sen­tiert Licht­in­stal­la­tion “miss­ing link_”
Das Pro­jekt ist eine Koope­ra­tion mit der Jüdi­schen Gemeinde Düs­sel­dorf, der Lan­des­haupt­stadt Düs­sel­dorf sowie der Mahn- und Gedenkstätte

Mit der Arbeit “miss­ing link_” rea­li­siert der Düs­sel­dor­fer Künst­ler Mischa Kuball eine vor­erst tem­po­räre Licht­in­stal­la­tion auf der Kaser­nen­straße, die das Geden­ken an die im Natio­nal­so­zia­lis­mus zer­störte, zen­trale Syn­agoge der Stadt in den Mit­tel­punkt stellt. Ergän­zend zu der Instal­la­tion vor Ort bie­tet eine eigens ent­stan­dene App Infor­ma­tio­nen, his­to­ri­sche Abbil­dun­gen und Zeit­zeu­gen­be­richte. Start des Pro­jek­tes ist am Don­ners­tag, 9. Novem­ber, um 23 Uhr vor Ort an der Ecke Kaser­nen­stra­ße/­Sieg­fried-Klein-Straße.

Kuballs Arbeit soll der Geschichte des Ortes eine neue Sicht­bar­keit geben und bie­tet einen Reso­nanz­raum für das gemein­same Geden­ken und Zusam­men­kom­men. Das Pro­jekt ist eine Koope­ra­tion mit der Jüdi­schen Gemeinde Düs­sel­dorf, der Stadt Düs­sel­dorf sowie der Mahn- und Gedenk­stätte Düs­sel­dorf. “miss­ing link_” ent­steht im Dia­log mit der Jüdi­schen Gemeinde und dem Vor­stands­vor­sit­zen­den des Gemein­de­ra­tes, Dr. Oded Horo­witz. Das Pro­jekt wird dar­über hin­aus beglei­tet und unter­stützt durch Ober­bür­ger­meis­ter Dr. Ste­phan Kel­ler und Miriam Koch, Bei­geord­nete für Kul­tur und Integration.

Ober­bür­ger­meis­ter Dr. Ste­phan Kel­ler: “Die Instal­la­tion setzt einen his­to­risch beson­de­ren Ort in Düs­sel­dorf in Szene. Sie regt zum Geden­ken an, zieht Bli­cke auf sich und moti­viert Betrach­tende, sich mit der deut­schen Geschichte aus­ein­an­der­zu­set­zen und zu reflek­tie­ren. Das Pro­jekt trägt dazu bei, dass die abscheu­li­chen Taten der Novem­ber­po­grome 1938 — ein Aus­druck von rei­nem Hass und Gewalt — nicht in Ver­ges­sen­heit gera­ten. Denn das Erin­nern an die schreck­li­chen Ver­bre­chen des Natio­nal­so­zia­lis­mus ist eine immer­wäh­rende Ver­ant­wor­tung, der wir uns in Düs­sel­dorf vol­ler Über­zeu­gung stellen.”

Die 1904 im neo­ro­man­ti­schen Stil fer­tig­ge­stellte Syn­agoge bil­dete einen zen­tra­len kul­tu­rel­len Mit­tel­punkt des jüdi­schen Lebens in der Stadt. Neben Got­tes­diens­ten fan­den dort viel­fach Kon­zerte und öffent­li­che Vor­träge statt. Am 10. Novem­ber 1938 wurde die Syn­agoge im Zuge der natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Pogrome in Brand gesetzt und spä­ter abge­ris­sen. Heute erin­nert ein schlich­ter Gedenk­stein an die Exis­tenz des bedeut­sa­men Gebäudes.

Mischa Kuball: “Die Instal­la­tion ‘miss­ing link_’ auf der Kaser­nen­straße in Düs­sel­dorf nimmt Bezug auf die große Lücke, die die Zer­stö­rung von jüdi­schen Ein­rich­tun­gen, Syn­ago­gen, Geschäf­ten, Hotels und Restau­rants in der Pogrom­nacht 1938 in der Stadt Düs­sel­dorf hin­ter­las­sen hat. Diese Lücke wurde nie wirk­lich geschlos­sen. Zwei sehr zurück­hal­tende Gedenk­steine mar­kie­ren den Ort, geben aber kei­nen Hin­weis auf die Größe der Syn­agoge und die Bedeu­tung der Jüdi­schen Gemeinde. Die Instal­la­tion ‘miss­ing link_’ nutzt das weiße Licht und ein Frag­ment der alten Archi­tek­tur, um an die­sem Ort Auf­klä­rung und Sicht­bar­keit zu schaf­fen. Eine Sicht­bar­keit für die Lücke, die sich bis heute nicht schlie­ßen lässt. ‘miss­ing link_’ ist auch der Ver­such, den Men­schen nach die­sem Ver­lust einen wür­di­ge­ren Ort für gemein­same Zusam­men­künfte zu bieten.”

Das Ensem­ble bau- und gesell­schafts­ge­schicht­li­cher Hete­ro­ge­ni­tät, das um die hin­ter­las­sene Lücke in weni­ger als 40 Jah­ren ent­stand, ent­deckt Mischa Kuball ent­lang sei­ner feh­len­den Ele­mente und Ver­bin­dun­gen neu. Da wer­den auch das im Jahr 1940 fer­tig­ge­stellte neo­klas­si­zis­ti­sche Walz­stahl­haus, das Gebäude der Orts­kran­ken­kasse im Stil der Reform­ar­chi­tek­tur von 1905 und das Haus der AOK im Stil des “Neuen Bau­ens” aus den 1920er-Jah­ren ein­be­zo­gen, um die Erin­ne­rung an die zer­störte Syn­agoge und ihre Bedeu­tung in der Stadt­ge­schichte zu bewahren.

Dr. Oded Horo­witz, Vor­stands­vor­sit­zende der Jüdi­schen Gemeinde Düs­sel­dorf: “Die Jüdi­sche Gemeinde Düs­sel­dorf trägt auch heute noch einen wich­ti­gen Aspekt der dama­li­gen Syn­agoge mit sich. Denn die Ein­gangs­tür zur Frau­en­em­pore unse­rer Syn­agoge auf dem Paul-Spie­gel-Platz war die Tür des dama­li­gen Rab­bi­ner­hau­ses. Es liegt uns sehr am Her­zen, dass das Geden­ken an die Shoah-Opfer grund­sätz­lich mehr Men­schen erreicht. Daher unter­stüt­zen wir das Vor­ha­ben sehr.”

Bert Röm­gens, Ver­wal­tungs­di­rek­tor der Jüdi­schen Gemeinde Düs­sel­dorf: “In der Erin­ne­rungs­kul­tur müs­sen neue Zugänge gefun­den wer­den, um die breite Masse für das Geden­ken an die Opfer der Shoah zu sen­si­bi­li­sie­ren und ins­be­son­dere die Ver­ant­wor­tung zu ver­mit­teln, die wir alle haben, dass etwas Ver­gleich­ba­res ver­hin­dert wer­den muss. Daher begrü­ßen wir es sehr, dass das Geden­ken an die Syn­agoge an der Kaser­nen­straße durch das Pro­jekt von Mischa Kuball in den Vor­der­grund gerückt wer­den soll.”

Hin­ter­grund

Mischa Kuball, gebo­ren 1959 in Düs­sel­dorf, lebt und arbei­tet in der Lan­des­haupt­stadt. Seit 1977 arbei­tet der Kon­zept­künst­ler im öffent­li­chen und insti­tu­tio­nel­len Raum. Mit­hilfe des Medi­ums Licht erforscht er archi­tek­to­ni­sche Räume und deren soziale und poli­ti­sche Dis­kurse. Er reflek­tiert unter­schied­li­che Facet­ten, von kul­tu­rel­len Sozi­al­struk­tu­ren bis hin zu archi­tek­to­ni­schen Ein­grif­fen, die den Wahr­zei­chen­cha­rak­ter und den archi­tek­tur­ge­schicht­li­chen Kon­text beto­nen oder neu kodieren.

Beson­ders sicht­bar wird diese Inten­tion in den Pro­jek­ten “res.o.nant” am Jüdi­schen Museum Ber­lin (2017–2019), mit “green­light” in einem ehe­ma­li­gen Jüdi­schen Vier­tel in Mon­te­vi­deo (1999) und mit “refrac­tion house” in der Syn­agoge Stom­meln (1994). Poli­tisch moti­vierte und par­ti­zi­pa­tive Pro­jekte rich­ten den Fokus auf die Ver­schrän­kung von öffent­li­chem und pri­va­tem Raum und stel­len eine Platt­form für die Kom­mu­ni­ka­tion zwi­schen den Teil­neh­men­den, dem Künst­ler, dem Werk und dem urba­nen Raum her.

Seit 2007 ist Mischa Kuball Pro­fes­sor für Public Art an der Kunst­hoch­schule für Medien, Köln. Zuvor war er Pro­fes­sor für Medi­en­kunst an der Hoch­schule für Gestaltung/ZKM, Karls­ruhe. Seit 2015 ist er Mit­glied der Nord­rhein-West­fä­li­schen Aka­de­mie der Wis­sen­schaf­ten und Künste, Düs­sel­dorf. 2016 wurde er mit dem Deut­schen Licht­kunst­preis ausgezeichnet.