Mon­tier­ter Ske­lett-Abguss von Tyran­no­sau­rus rex im Sen­cken­berg-Museum Frank­furt am Main. Die­ser Raub­saurier lebte vor 66 Mil­lio­nen Jah­ren und kam aus­schließ­lich im west­li­chen Nord­ame­rika vor. (Foto: HHU / Kai R. Caspar)

 

Ein inter­na­tio­na­les Team von Palä­on­to­lo­gen, Ver­hal­tens­for­schern und Neu­ro­lo­gen hat her­aus­ge­fun­den, dass Dino­sau­rier wohl so intel­li­gent waren wie Rep­ti­lien, etwa Kro­ko­dile. Erst­au­tor der Stu­die ist Dr. Kai R. Cas­par, der am Depart­ment Bio­lo­gie der Hein­rich-Heine-Uni­ver­si­tät Düs­sel­dorf (HHU) arbei­tet. Die For­schen­den aus Kanada, Spa­nien, Öster­reich, dem Ver­ei­nig­ten König­reich und den USA ver­öf­fent­lich­ten ihre anhand von Größe und Struk­tur der Gehirne der Tiere gewon­ne­nen Ergeb­nisse in der Fach­zeit­schrift Ana­to­mical Record.

Eine im Jahr 2023 ver­öf­fent­lichte Stu­die (DOI: 10.1002/cne.25453) kam zu dem Ergeb­nis, dass Dino­sau­rier wie der Tyran­no­sau­rus rex (kurz T. rex) eine außer­ge­wöhn­lich hohe Anzahl von Neu­ro­nen hat­ten und wesent­lich intel­li­gen­ter waren als zuvor ange­nom­men. Außer­dem wurde pos­tu­liert, dass eine hohe Neu­ro­nen­zahl direkte Infor­ma­tio­nen über Intel­li­genz, Stoff­wech­sel und Lebens­ge­schichte lie­fern könne.

Eine neue, nun in The Ana­to­mical Record ver­öf­fent­lichte Stu­die unter­suchte die Tech­ni­ken, die zur Vor­her­sage der Gehirn­größe und der Anzahl der Neu­ro­nen in Dino­sau­ri­er­ge­hir­nen ver­wen­det wer­den. Die Autorin­nen und Autoren fan­den her­aus, dass die frü­he­ren Annah­men über die Gehirn­größe von Dino­sau­ri­ern und die Anzahl der in ihren Gehir­nen ent­hal­te­nen Neu­ro­nen unzu­läs­sig waren.

Betei­ligt an der Stu­die waren die Uni­ver­si­tä­ten von Alberta in Edmon­ton (Kanada), Bris­tol, Düs­sel­dorf, Sout­hamp­ton, Mary­land in Col­lege Park (USA), die Tier­me­di­zi­ni­sche Uni­ver­si­tät Wien, das Royal Onta­rio Museum und das Insti­tut Català de Pale­on­to­lo­gia Miquel Cru­sa­font in Bar­ce­lona. Erst­au­tor ist Dr. Kai R. Cas­par, der am Insti­tut für Zell­bio­lo­gie der HHU arbeitet.

Die For­schungs­ar­bei­ten schlie­ßen an jahr­zehn­te­lange Ana­ly­sen an, in denen Palä­on­to­lo­gen und Bio­lo­gen die Größe und Ana­to­mie von Dino­sau­ri­er­ge­hir­nen unter­sucht haben und diese Daten nutz­ten, um auf Ver­hal­ten und Lebens­weise zurück­zu­schlie­ßen. Infor­ma­tio­nen über die Gehirne von Dino­sau­ri­ern stam­men aus mine­ra­li­schen Fül­lun­gen der Schä­del­höhle, den so genann­ten Endo­casts, sowie aus den For­men der Schä­del­höh­len selbst.

Das For­schungs­team fand her­aus, dass die Größe des Gehirns und damit auch die Zahl der Neu­ro­nen bei T. rex über­schätzt wurde, etwa um das Zwei- bis Zehn­fa­che. Dar­über hin­aus zei­gen sie, dass die geschätzte Neu­ro­nen­zahl kein zuver­läs­si­ger Hin­weis auf die Intel­li­genz ist.

Um die Bio­lo­gie längst aus­ge­stor­be­ner Arten zuver­läs­sig rekon­stru­ie­ren zu kön­nen, soll­ten – so die For­schen­den – meh­rere Beweis­mit­tel her­an­zie­hen: dar­un­ter die Ske­lett­ana­to­mie, die Kno­chen­his­to­lo­gie, das Ver­hal­ten leben­der Ver­wand­ter und Spu­ren­fos­si­lien – also nicht­kör­per­li­che Über­reste wie etwa Fuß­spu­ren. „Um die Intel­li­genz von Dino­sau­ri­ern und ande­ren aus­ge­stor­be­nen Tie­ren zu bestim­men, sollte man sich nicht allein auf Schät­zun­gen der Neu­ro­nen­an­zahl ver­las­sen, son­dern meh­rere Beweis­li­nien her­an­zie­hen, die von ana­to­mi­schen Ver­glei­chen bis zu fos­si­len Fähr­ten rei­chen”, erklärt Hady George von der School of Earth Sci­en­ces in Bristol.

Dr. Cas­par betont: „Es ist nicht sinn­voll, Intel­li­genz bei aus­ge­stor­be­nen Arten vor­her­zu­sa­gen, wenn hier­für nur Schät­zun­gen zur Neu­ro­nen­zahl vor­lie­gen, die von Endo­casts abge­lei­tet sind.” Dr. Ornella Bert­rand aus Bar­ce­lona ergänzt: „Neu­ro­nen­zah­len sind keine guten Prä­dik­to­ren für kogni­tive Leis­tun­gen. Sie zur Vor­her­sage von Intel­li­genz bei längst aus­ge­stor­be­nen Arten zu ver­wen­den, kann zu äußerst irre­füh­ren­den Inter­pre­ta­tio­nen führen.”

Die Endo­casts von Kro­ko­di­len glei­chen denen von T. rex in vie­len rele­van­ten Punk­ten, zum Bei­spiel bei den Pro­por­tio­nen der ver­schie­de­nen Hirn­re­gio­nen und dem Volu­men im Ver­gleich zur Kör­per­masse. Diese Mus­ter lei­ten sich von den gemein­sa­men Vor­fah­ren der Kro­ko­dile und Dinosaurier/Vögel ab, den ursprüng­li­chen Archo­sau­ri­ern. In den Ent­wick­lungs­li­nien, die bis hin zu den moder­nen Kro­ko­di­len bzw. den Tyran­no­sau­ri­ern füh­ren, erfuh­ren sie nur gering­fü­gige Ver­än­de­run­gen. Der Sau­rier von vor über 60 Mil­lio­nen Jah­ren besaß also ver­mut­lich eine ver­gleich­bare Neu­ro­ana­to­mie und eine ähn­li­che Ver­hal­tens­fle­xi­bi­li­tät wie heu­tige Krokodile.

Originalpublikation

Cas­par, K. R., Gut­iérrez-Iba­ñez, C., Bert­rand, O. C., Carr, T., Col­bourne, J. A. D., Erb, A., George, H., Holtz, T. R. Jr, Naish, D., Wylie, D. R., & Hurl­burt, G. R. (2024). How smart was T. rex? Test­ing claims of excep­tio­nal cogni­tion in dino­saurs and the appli­ca­tion of neu­ron count esti­ma­tes in palae­on­to­lo­gi­cal rese­arch. The Ana­to­mical Record, 1–32

 

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