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Die Reden sind gere­det, die Sekt­glä­ser gespült, ein paar trau­rig ver­welkte Blu­men ste­hen in der Ecke der Par­tei­zen­tra­len. Vor­bei die Wahl der Bür­ger­meis­ter und Land­räte, die Sie­ger sind bejubelt.

Sie­ger? Wel­che Sie­ger? Es gibt aber Ver­lie­rer. Uns. Wir alle haben ver­lo­ren. Unsere Demo­kra­tie hat verloren.

Wieso?
Auf der Inter­net-Seite der Stadt Neuss steht:
„Mit einer deut­li­chen Mehr­heit von 54,06 Pro­zent der Stim­men hat SPD-Bür­ger­meis­ter­kan­di­dat Rei­ner Breuer MdL die Wahl zum Bür­ger­meis­ter der Stadt Neuss für sich entschieden.“

Der Fünf­tel-Bür­ger­meis­ter
Ein gran­dio­ser Sieg? Nein. Bür­ger­meis­ter Breuer wurde von 25 970 Men­schen gewählt. In Neuss sind aber 120 900 Men­schen wahl­be­rech­tigt. Ein Fünf­tel, gerade mal ein Fünf­tel hat ihm seine Stimme gege­ben. Sehen so Mehr­hei­ten aus…?

Kein Kon­takt
Hat die Poli­tik den Kon­takt zu den Men­schen ver­lo­ren? Wie­der und wie­der erle­ben wir dra­ma­ti­sche Ein­brü­che bei den Wahl­be­tei­li­gun­gen. Sie las­sen es vermuten.
Diese letzte Bür­ger­meis­ter-Wahl — sie ist ein vor­läu­fi­ger Höhe­punkt. Nicht nur in Neuss (40,1%). In Kre­feld fan­den von 182 230 Men­schen nur 69 976 (38,4 %) den Weg in die Wahl­lo­kale. Und in Wup­per­tal zähl­ten die Hel­fer 99 700 Wäh­ler (36,7 %) bei 271 664 Wahlberechtigten.

Was tun Politiker?
Vor den Wah­len beschwö­ren sie uns, doch unbe­dingt wäh­len zu gehen.
Nach den Wah­len sind alle ent­setzt, wie wenig wäh­len gegan­gen sind.

Und dann? Ana­ly­sen, erschüt­terte Inter­views — Tagesordnung.

Mehr Demo­kra­tie?
Damen und Her­ren der Poli­tik, ehr­li­che Besorg­nis sieht anders aus. Wo blei­ben ihre Taten? Haben sie jemals ver­sucht, das Inter­esse für die Poli­tik wie­der zu bele­ben? Durch Volks­ab­stim­mun­gen, wie in der Schweiz. Durch ver­ein­fachte Bür­ger­be­geh­ren, wie viel­fach gefor­dert. Wer von ihnen erfüllt Willy Brands Ver­mächt­nis: Mehr Demo­kra­tie wagen?

Mut zur Mündigkeit
Solange das nicht geschieht, nimmt ihnen das Lokal­büro die Besorg­nis nicht ab.

Zeigt, dass ihr Mut zur Mei­nung habt. Zeigt, dass ihr mün­dige, viel­leicht sogar auf­müp­fige Bür­ger statt Stimm­vieh wollt. Zeigt, dass Kurt Tuchol­sky wenigs­tens ein Mal fehl ein­schätzte. Er sagte: Wah­len ändern nichts, sonst wären sie verboten.