Das Heinrich-Heine-Institut stellt den Dichter Ferdinand Kriwet und seine Düsseldorfer Jahre in den Fokus einer neuen Sonderausstellung. Ferdinand Kriwet, 1942 in Düsseldorf geboren, wurde in den 1960er und 1970er Jahren als Medien-Künstler weltbekannt. Seinen Durchbruch in der Kunstwelt erlebte er mit seinen “Rundscheiben”. Es folgten weitere Texte im Rund-Design, zunehmend aber auch Multimedia-Installationen und Arbeiten im Stadtraum. Oft wird daher übersehen, dass Kriwet sich immer als Schriftsteller verstand – seine Werke wollte er gelesen wissen. Neben zahlreichen visuell-poetischen Exponaten präsentiert die Ausstellung unter anderem Archivalien aus dem Nachlass, Texte, Medienarbeiten sowie Beispiele aus Kriwets umfangreichem Hörspielwerk. Fotos dokumentieren Kriwets Aktivitäten in den Düsseldorfer Jahren. Die Schau ist vom 12. September bis 9. Januar 2022 zu sehen. Einen ersten Einblick gab es im Rahmen eines Pressegesprächs am Donnerstag, 9. September.
Ferdinand Kriwet (1942–2018) wurde in Düsseldorf geboren. Hier erlebte er seinen Durchbruch, von Düsseldorf aus eroberte er als Schrift- und Medienkünstler die Welt. Und das in ganz jungen Jahren: Bereits als Schüler war er von seinem Talent überzeugt, suchte mit erfrischender Unbekümmertheit den Kontakt mit Autoren von Weltruhm wie Paul Celan oder wichtigen Herausgebern wie Hans Bender, dem Redakteur der Literaturzeitschrift “Akzente”. Mit 17 Jahren gelangte er, durch Vermittlung des Düsseldorfer Galeristen und Übersetzers Jean Pierre Wilhelm, in die Kreise der experimentellen Poesie, mit Max Bense, Franz Mon oder Claus Bremer, und fand dort Akzeptanz. 1961 veröffentlichte der 19-Jährige sein erstes, bereits sehr umfangreiches Werk “Rotor”, einen Text, den man ebenso wie den Titel von hinten wie von vorne lesen kann.
Von da an ging es steil bergauf, Kriwet druckte seine Texte auf Rundscheiben, die ein internationaler Erfolg wurden. Schon 1962 wurden diese Werke weltweit in führenden Museen gezeigt. Der Autor arbeitete nach der Formel: “The medium is the message”, das Medium ist die Botschaft, die der kanadische Medientheoretiker Marshall McLuhan 1964 prägte. Er produzierte Hörtexte für das Radio, Sehtexte für Film bzw. Fernsehen, druckte seine Buchstabenkonstellationen auf verschiedenste Bildträger. 1969 ging er für sein Projekt “Apollo Amerika” für ein Jahr nach New York und verfolgte die mediale Aufbereitung des ersten bemannten Mondflugs. Daraus entstanden ein Film, ein Hörspiel und ein Buch, das bei Suhrkamp erschien.
Später steuerte er Beispiele für die Kunst am Bau bei und entwarf das NRW-Landeswappen für den neuen Plenarsaal des Landtags in Düsseldorf, eine seiner gewichtigsten Arbeiten: 3.630 Aluminiumzylinder, 6 Meter lang und 2,40 Meter hoch. In den 1970er Jahren zog er auf ein Schloss in der Eifel und stellte die künstlerische Arbeit für fast zwei Jahrzehnte ein. Er hatte das Gefühl, alles gesagt zu haben. In den 2000er Jahren jedoch nahm er seine Aktivitäten wieder auf.
Das Heinrich-Heine-Institut hat in Kooperation mit der LWL-Literaturkommission für Westfalen und dem Westfälischen Literaturmuseum Kulturgut Haus Nottbeck eine umfangreiche Ausstellung zusammengestellt, die alle Werkphasen Ferdinand Kriwets dokumentiert. In einer ersten Schau 2020 hatte das Westfälische Literaturmuseum in Nottbeck den Medienpionier Kriwet ins Zentrum gestellt, im zweiten Teil der Kriwet-Retrospektive widmet sich das Heinrich-Heine-Institut schwerpunktmäßig dem Autor Kriwet. Denn als ein solcher hat Kriwet sich trotz der verschiedenen Medien, die er bediente, immer verstanden.
Die Ausstellung “Kriwet – ein Dichter aus Düsseldorf”, kuratiert von Nora Schön und Dr. Enno Stahl, geht dabei auf die Anfänge Kriwets als Schriftsteller und Künstler in Düsseldorf und der Folgezeit ein. Der erste Raum der Ausstellung zeigt zahlreiche Archivalien, darunter frühe Gedichte und Skizzen des Schülers Kriwet sowie Originalbriefe, in denen sich niederschlägt, wie energisch Kriwet sein Ziel, ein experimenteller Autor zu werden, verfolgte. Diese bislang noch nie ausgestellten Stücke stammen aus dem Nachlass, den Bettina Brach (Bremen) betreut. Sie hat nicht nur durch diese Leihgaben, sondern auch durch ihre Expertise und zahlreiche Hintergrundinformationen zur Schau beigetragen.
Weitere Exponate sind diverse Bildwerke Kriwets, die seine Berliner Galerie BQ dem Heine-Institut zur Verfügung stellte: Bunt, grell und laut wirken Kriwets “Textsigns” und “Cuts”. Abgerundet wird die Dokumentation von Kriwets künstlerischen Werdegang durch Fotos bekannter Düsseldorfer Fotografen, etwa Ulrich Horn, Bernd Jansen, Axel Offergeld und Manfred Leve, die Kriwets Wirken begleiteten. Der zweite Raum der Ausstellung präsentiert den Medienkünstler Kriwet. So ist dort eine “Rundscheiben”-Projektion zu sehen, ein Buchstabenteppich bedeckt den Boden. Über eine Klangdusche und eine Hörstation können die Ausstellungsbesucher sich zudem mit ausgewählten Hörtexten Kriwets befassen. Vom Fotografen Lothar Wolleh stammt die Dokumentation einer Multi-Media-Aktion im “Creamcheese”.
Die Ausstellung wurde gefördert von der Kunststiftung NRW und dem Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes NRW.
Begleitet wird die Ausstellung von verschiedenen Veranstaltungen, eine Auswahl:
12. September, 15 Uhr, Vernissage zur Ausstellung Palais Wittgenstein, Bilker Straße 7–9 Grußwort von Bettina Brach, Nachlass Ferdinand Kriwet, Bremen Einführung durch Kurator Dr. Enno Stahl und Kuratorin Nora Schön M.A. Hörtext: Auszug aus Ferdinand Kriwet “Radioball” (1974/75) Es spielen die Jazz-Musiker Heiner Rennebaum (Gitarre) und Conrad Noll (Bass)
13. Oktober, 20 Uhr, “Kriwet – Textfilme” im Filmmuseum, Schulstraße 4 Gezeigt werden die Filme: Teletext (1967), TV-Take (1968), Apollovision (1969), Campaign (1972/73). 2. November, 19 Uhr, ein Abend über das “Creamcheese” im Heinrich-Heine-Institut, Bilker Straße 12–14 Gespräch mit dem Regisseur und Zeitzeugen Lutz Mommartz über die legendäre Künstlerkneipe in der Düsseldorfer Altstadt mit Filmbeispielen von Mommartz.
25. November, 19 Uhr, Vortrag: Der Autor Ferdinand Kriwet im Heinrich-Heine-Institut, Bilker Straße 12–14 In einem Vortrag berichtet Kurator Dr. Enno Stahl von Ferdinand Kriwet und seinem literarischen Werkmit, zudem liest Falk Philippe Pognan aus Kriwets Werk.
Informationen für Besucherinnen und Besucher
Das Heinrich-Heine-Institut, Bilker Straße 12–14, ist dienstags bis freitags von 11 bis 17 Uhr sowie samstags von 13 bis 17 Uhr und sonntags von 11 bis 17 Uhr geöffnet. Unter Einhaltung von Hygiene- und Abstandsregeln ist der Ausstellungsbesuch ohne weitere Einschränkungen möglich. Das Tragen einer medizinischen Mund-Nasen-Bedeckung ist weiterhin Pflicht. Bei Veranstaltungen und Führungen gilt die “3G-Regel”: Für die Teilnahme ist ein Nachweis über eine vollständig abgeschlossene Impfung gegen COVID-19, über eine Genesung oder über ein negatives Testergebnis (nicht älter als 48 Stunden) erforderlich. Für alle Veranstaltungen ist eine vorherige, verbindliche Anmeldung via E‑Mail an anmeldungen-hhi@duesseldorf.de oder unter der Rufnummer 0211–8995571 erforderlich.