Kranz­nie­der­le­gung am Stand­ort der nie­der­ge­brann­ten Syn­agoge: Minis­ter Dr. Ste­phan Holt­hoff-Pfört­ner, Land­tags­prä­si­dent André Kuper, OB Dr. Ste­phan Kel­ler, Dr. Oded Horo­witz, Vor­sit­zen­der Jüdi­sche Gemeinde, und Polens Gene­ral­kon­sul Jakub Wawrzyniak,©Landeshauptstadt Düsseldorf/Ingo Lammert

 

Die Lan­des­haupt­stadt erin­nert mit ver­schie­de­nen Gedenk­ver­an­stal­tun­gen im Stadtgebiet

In der Nacht von Diens­tag, 9. Novem­ber, auf Mitt­woch, 10. Novem­ber, jäh­ren sich die Ereig­nisse des Novem­ber­po­groms 1938 zum 83. Mal. Allein in Düs­sel­dorf gab es mehr als 450 Über­fälle auf Woh­nun­gen und Geschäfts­räume, min­des­tens 70 Men­schen wur­den teil­weise schwer ver­letzt, 13 Men­schen star­ben wäh­rend oder an den Fol­gen des Pogroms. Mit einer Kranz­nie­der­le­gung, einer Gedenk­stunde und einem öku­me­ni­schen Got­tes­dienst gedenkt die Lan­des­haupt­stadt Düs­sel­dorf der Opfer des Novem­ber­po­groms. Ober­bür­ger­meis­ter Dr. Kel­ler: “Die Erin­ne­run­gen an die schreck­li­chen Ereig­nisse jener Nacht dür­fen nicht in Ver­ges­sen­heit gera­ten. Das Geden­ken an die Opfer des Natio­nal­so­zia­lis­mus ist auch in unse­rer heu­ti­gen Gesell­schaft von zen­tra­ler Bedeu­tung — es ist unsere Auf­gabe, sich jeden Tag ent­schie­den gegen Anti­se­mi­tis­mus, Aus­gren­zung und Hass zu stellen.”

Kranz­nie­der­le­gung an der Kaser­nen­straße Am Diens­tag­vor­mit­tag, 9. Novem­ber, fand am Stand­ort der 1938 nie­der­ge­brann­ten Syn­agoge an der Kaser­nen­straße auf Ein­la­dung der Jüdi­schen Gemeinde eine stille Kranz­nie­der­le­gung statt. Ober­bür­ger­meis­ter Dr. Ste­phan Kel­ler, Land­tags­prä­si­dent André Kuper, Land­tags­vi­ze­prä­si­den­tin Carina Göde­cke, Dr. Ste­phan Holt­hoff-Pfört­ner, Minis­ter für Bun­des- und Euro­pa­an­ge­le­gen­hei­ten sowie Inter­na­tio­na­les des Lan­des Nord­rhein-West­fa­len, der Doyen des Kon­su­la­ri­schen Korps NRW, der pol­ni­sche Gene­ral­kon­sul Jakub Wawr­zy­niak, und der Vor­sit­zende der Jüdi­schen Gemeinde Düs­sel­dorf, Dr. Oded Horo­witz, leg­ten dort einen Kranz nie­der. Der Kan­tor der Jüdi­schen Gemeinde Aaron Mal­in­sky sang das Trau­er­ge­bet “El male racha­min”. Das Geden­ken vor Ort konnte auf­grund der Corona-Bestim­mun­gen nur im kleins­ten Kreis statt­fin­den. Den Tag über kamen jedoch wei­tere Ver­bände und Insti­tu­tio­nen, die Kränze oder Blu­men nie­der­leg­ten, dar­un­ter die Düs­sel­dor­fer Jon­ges, der Deut­sche Gewerk­schafts­bund, und beide christ­li­chen Kir­chen. Die 1904 errich­tete Syn­agoge mit dazu­ge­hö­ri­gem Rab­bi­ner­haus, Volks­schule und Gemein­de­bü­ros war in der Nacht zum 10. Novem­ber 1938 geschän­det und ange­steckt wor­den. Sie brannte voll­stän­dig aus und wurde im Win­ter 1938/39 voll­stän­dig abgerissen.

Gedenk­stunde im Men­dels­sohn-Saal der Tonhalle
Für den Spät­nach­mit­tag hatte Ober­bür­ger­meis­ter Dr. Ste­phan Kel­ler zu einer Gedenk­stunde im Men­dels­sohn-Saal der Ton­halle gela­den: Im Mit­tel­punkt stand der Auf­tritt eines Quar­tetts der Düs­sel­dor­fer Sym­pho­ni­ker, die einen Aus­schnitt aus der Kom­po­si­tion “Flü­gel, schwe­ben” von Bojan Vuletić auf­führ­ten. Die­ses Stück ist eine Ver­ar­bei­tung der Ereig­nisse im Novem­ber 1938 in Düs­sel­dorf. Es the­ma­ti­siert das Ver­stum­men von Musik und die Zer­stö­rung von Musik­in­stru­men­ten, Noten und Schall­plat­ten in Düs­sel­dor­fer Haus­hal­ten. Das Quar­tett besteht aus Chris­toph Schnei­der an der Kla­ri­nette, Egor Grechish­ni­kov mit sei­ner Vio­line, Niko­laus Trieb am Vio­lon­cello und Alina Bercu am Klavier.

Neben Ober­bür­ger­meis­ter Dr. Kel­ler spra­chen auch die Land­tags­vi­ze­prä­si­den­tin Carina Göde­cke sowie Jür­gen Mathies, Staats­se­kre­tär im Minis­te­rium des Innern Nord­rhein-​West­fa­len, und Dr. Oded Horo­witz, Vor­stands­vor­sit­zen­der der Jüdi­schen Gemeinde Düs­sel­dorf, Worte des Geden­kens. Die Gedenk­stunde wurde durch die Dar­bie­tung des “El male racha­mim” durch Aaron Mal­in­sky, Kan­tor der Jüdi­schen Gemeinde Düs­sel­dorf, abgeschlossen.

Unter den Gäs­ten war auch Fran­cis W. Hoe­ber, der eigens aus den USA ange­reist ist und des­sen Vater 1938 einen beein­dru­cken­den Bericht über seine Wahr­neh­mung der Pogrom­nacht in Düs­sel­dorf ver­fasst hat: Johan­nes Höber, selbst als Sozi­al­de­mo­krat und als “nicht­ari­scher Christ” ver­folgt, erlebte die Über­fälle auf befreun­dete jüdi­sche Fami­lien. Am 12. Novem­ber 1938 floh er über Zürich in die USA, seine Frau und seine Toch­ter konn­ten ein gutes Jahr spä­ter folgen.

Open Air-Lesun­gen und öku­me­ni­scher Gottesdienst
Bereits am Mon­tag, 8. Novem­ber, gedach­ten der Evan­ge­li­sche Kir­chen­kreis, die Katho­li­sche Kir­che in Düs­sel­dorf, die Gesell­schaft für Christ­lich-Jüdi­sche Zusam­men­ar­beit in Düs­sel­dorf, die Mahn- und Gedenk­stätte und die Feu­er­wehr Düs­sel­dorf der Opfer der gewalt­sa­men Über­fälle im Herbst 1938 im Rah­men von drei Open Air-Geden­k­le­sun­gen. Der Bericht von Johan­nes Höber stand im Mit­tel­punkt des Geden­kens, der Schau­spie­ler Jona­than Schim­mer lieh dem Düs­sel­dor­fer Augen­zeu­gen dafür seine Stimme. Die Lesun­gen wur­den am Johan­nes-Rau-Platz, im Ingen­ho­ven-Tal und am Markt­platz vor dem Rat­haus gehalten.

Dar­über hin­aus fand in der Domi­ni­ka­ner­kir­che St. Andreas ein öku­me­ni­scher Gedenk­got­tes­dienst in Erin­ne­rung an den Novem­ber­po­grom statt. Die Pre­digt hielt Pfar­rer Peter Ander­sen, Stadt­de­chant Frank Heid­kamp und Super­in­ten­dent Hein­rich Fucks zele­brier­ten den Wortgottesdienst.