Kura­tor Dr. Bene­dict Mauer, Lei­ter des Stadt­ar­chivs, und Kura­to­rin Anna Schlieck, Mahn- und Gedenk­stätte, führ­ten Feu­wer­wehr­chef David von der Lieth und Ober­bür­ger­meis­ter Dr. Ste­phan Kel­ler (v. r.) durch die Ausstellung,©Landeshauptstadt Düsseldorf/Michael Gstettenbauer

 

Koope­ra­tion von Mahn- und Gedenk­stätte und dem Stadtarchiv

Die Mahn- und Gedenk­stätte, Müh­len­straße 29, hat am Mon­tag, 9. Okto­ber, ihre neue Son­der­aus­stel­lung “Brand­ge­fähr­lich. Die Düs­sel­dor­fer Feu­er­wehr im Natio­nal­so­zia­lis­mus” vor­ge­stellt. Die Aus­stel­lung läuft ab Diens­tag, 10. Okto­ber, bis zum 26. Mai 2024 und wurde durch die Mahn- und Gedenk­stätte und das Stadt­ar­chiv Düs­sel­dorf erar­bei­tet. Ober­bür­ger­meis­ter Dr. Ste­phan Kel­ler, die Bei­geord­nete für Kul­tur und Inte­gra­tion, Miriam Koch und der Lei­ter der Feu­er­wehr, David von der Lieth, lie­ßen sich vom Team der Kura­to­rin­nen und Kura­to­ren die Aus­stel­lung im Rah­men der Vor­stel­lung zeigen.

Ober­bür­ger­meis­ter Dr. Ste­phan Kel­ler: “Die Aus­stel­lung ‘Brand­ge­fähr­lich. Die Düs­sel­dor­fer Feu­er­wehr im Natio­nal­so­zia­lis­mus’ legt scho­nungs­los das dun­kelste Kapi­tel in der Geschichte der Düs­sel­dor­fer Feu­er­wehr offen. Es ist erschre­ckend, wie stark der direkte Ein­fluss des NS-Regimes war und wie tief der Natio­nal­so­zia­lis­mus in die Arbeit der Feu­er­wehr ein­ge­drun­gen ist. Daher finde ich es rich­tig und wich­tig, dass wir uns in Düs­sel­dorf auch die­sem Teil der His­to­rie stellen.”

Die Aus­stel­lung the­ma­ti­siert unter ande­rem die Tätig­keit und die Untä­tig­keit der Feu­er­wehr in der Pogrom­nacht vom Novem­ber 1938, in der auch in der Düs­sel­dor­fer Innen­stadt sowie in Ben­rath die Syn­ago­gen brann­ten. Sie fragt nach der Per­so­nal­po­li­tik und der ideo­lo­gi­schen Aus­rich­tung, beleuch­tet die Rolle der Feu­er­wehr bei den ab 1941 erfolg­ten Depor­ta­tio­nen der jüdi­schen Bevöl­ke­rung und bei der Bekämp­fung der Bom­ben­brände bis zum Kriegsende.

David von der Lieth, Lei­ter der Feu­er­wehr Düs­sel­dorf: “Ich danke den bei­den Kul­tur­in­sti­tu­ten für diese beein­dru­ckende Aus­stel­lung. Die Düs­sel­dor­fer Feu­er­wehr wird mit vie­len Mit­ar­bei­ten­den sowie den ehren­amt­li­chen Ein­satz­kräf­ten in den kom­men­den Mona­ten das Haus besu­chen und sich diese Aus­stel­lung anschauen. Das ist für unser Selbst­ver­ständ­nis und die Iden­ti­tät einer heu­ti­gen Feu­er­wehr in einer demo­kra­ti­schen Groß­stadt von ganz zen­tra­ler Bedeutung.”

Die Kura­tie­rung der Son­der­aus­stel­lung über­nah­men Hil­de­gard Jakobs (stell­ver­tre­tende Lei­te­rin der Gedenk­stätte), Dr. Bene­dikt Mauer (Lei­ter des Stadt­ar­chivs), Anna Schlieck und Immo Schatz­schnei­der (Mahn- und Gedenk­stätte) und die Gestal­tung das Büro Ull­rich, Düs­sel­dorf. Sie wurde finan­ziert mit Unter­stüt­zung des Stadt­feu­er­wehr­ver­bands, der Lan­des­zen­trale für poli­ti­sche Bil­dung NRW und des För­der­krei­ses der Mahn- und Gedenk­stätte Düs­sel­dorf e. V.

Der his­to­ri­sche Hintergrund

Die Ent­ste­hung der heu­ti­gen Berufs­feu­er­weh­ren ist eng mit der Indus­tria­li­sie­rung und dem sprung­haf­ten Bevöl­ke­rungs­an­stieg wach­sen­der Städte ver­bun­den. Bis in die Zeit um 1900 war die Feu­er­wehr­or­ga­ni­sa­tion in Düs­sel­dorf größ­ten­teils ehren­amt­lich orga­ni­siert, soge­nannte Nach­bar­schafts­ver­ord­nun­gen regel­ten die Zustän­dig­kei­ten im Brand- und Scha­dens­fall, die städ­ti­sche Poli­zei koor­di­nierte im Brand­fall die Löschmaßnahmen.

Im März 1872 ent­stand ver­mut­lich durch einen über­hitz­ten Ofen im dama­li­gen Schloss am Burg­platz ein Feuer. Bin­nen kür­zes­ter Zeit stand das gesamte Gebäude in Flam­men. Noch im sel­ben Jahr wurde eine Berufs­feu­er­wehr mit ent­spre­chend aus­ge­bil­de­tem Fach­per­so­nal ins Leben geru­fen. Im Zusam­men­spiel mit den nach wie vor exis­tie­ren­den frei­wil­li­gen Feu­er­weh­ren und den Werks­feu­er­weh­ren, die von gro­ßen Unter­neh­men unter­hal­ten wur­den, ent­wi­ckelte sich eine Feuerwehrorganisation.

Das ste­tige Wachs­tum der Stadt ver­langte nach meh­re­ren Feu­er­wehr­wa­chen. 1933 gab es fünf für das Stadt­ge­biet zustän­dige Feu­er­wa­chen der Berufs­feu­er­wehr. Sie­ben Lösch­ein­hei­ten der frei­wil­li­gen Feu­er­wehr unter­stütz­ten sie. Bei beson­ders per­so­nal­in­ten­si­ven Ein­sät­zen kamen die Werks­feu­er­weh­ren gro­ßer Fabri­ken hinzu.

Nach der Macht­über­nahme der Natio­nal­so­zia­lis­ten im Jahr 1933 änderte sich vie­les im Deut­schen Reich und natür­lich auch in Düs­sel­dorf: Die Aus­stel­lung zeigt, wel­che orga­ni­sa­to­ri­schen Ände­run­gen von Sei­ten der natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Behör­den und Amts­trä­ger erfolg­ten, die auch die Düs­sel­dor­fer Berufs­feu­er­wehr betrafen.

Schon im ers­ten Jahr der Macht­über­nahme ver­än­derte sich der All­tag für die Düs­sel­dor­fer Feu­er­wehr­män­ner spür­bar: Die Ein­füh­rung des “deut­schen Gru­ßes”, des Haken­kreu­zes und wei­te­rer Sym­bole soll­ten unmiss­ver­ständ­lich klar­ma­chen, dass die Natio­nal­so­zia­lis­ten und ihre Ideo­lo­gie immer und über­all prä­sent sind. Grund­le­gende Ände­run­gen im Orga­ni­sa­ti­ons­ap­pa­rat durch das “Gesetz über das Feu­er­lösch­we­sen” (1933) sowie der Beginn einer inten­si­ven Luft­schutz-Aus­bil­dung führ­ten den Feu­er­wehr­män­nern vor Augen, dass sich Selbst­ver­ständ­nis und Auf­ga­ben ihrer Insti­tu­tion von nun an dras­tisch wan­deln würden.

Die Düs­sel­dor­fer Bevöl­ke­rung nahm die gro­ßen — teils spek­ta­ku­lä­ren — Ein­sätze ihrer Feu­er­wehr meist posi­tiv wahr. Sel­ten wurde das Han­deln der Ein­satz­kräfte und die Ent­schei­dun­gen der Brand­di­rek­tion in der Öffent­lich­keit kri­ti­siert. Das Ein­grei­fen der Feu­er­wehr­män­ner in extre­men Gefah­ren­si­tua­tio­nen — bei Groß­feu­ern, Unfäl­len und Natur­ka­ta­stro­phen — ver­schaffte ihnen in der Bevöl­ke­rung hohes Anse­hen. Ob auf der gro­ßen “Reichs­aus­stel­lung Schaf­fen­des Volk” (1937) oder bei Para­den, die Feu­er­wehr fas­zi­nierte die Men­schen, sie war ihnen aber auch durch ihre täg­li­che Arbeit nah und vertraut.

Die unmit­tel­bar nach 1933 begon­nene Umstruk­tu­rie­rung der Berufs­feu­er­wehr zu einer Poli­zei­be­hörde erfuhr am 23. Novem­ber 1938 einen wei­te­ren Schub. Mit dem “Reichs­ge­setz über das Feu­er­lösch­we­sen” wurde sie ein Teil der Ord­nungs­po­li­zei und somit hin­sicht­lich ihrer Orga­ni­sa­tion ver­staat­licht und dem Reichs­mi­nis­ter des Inne­ren und Chef der deut­schen Poli­zei, Hein­rich Himm­ler, unter­stellt. Mit Kriegs­be­ginn am 1. Sep­tem­ber 1939 wurde reichs­weit der “Sicher­heits- und Hilfs­dienst”, kurz SHD auf­ge­stellt. Er umfasste in Düs­sel­dorf zunächst rund 800 Män­ner. Den größ­ten Teil stell­ten die Feu­er­lösch­ein­hei­ten, hier als beson­ders pro­fes­sio­na­li­sierte Kräfte jene der Berufs­feu­er­wehr. Sie unter­stan­den wei­ter­hin dem Poli­zei­prä­si­den­ten und waren für den “Feuer- und Ent­gif­tungs­dienst” zustän­dig (FE-Ein­hei­ten). Im Laufe der Jahre wuchs auf­grund der immer mas­si­ve­ren Luft­an­griffe die Per­so­nen­stärke der zunächst drei Abschnitte des Luft­schutz­ab­schnitts Düsseldorf.

Unmit­tel­bar nach Kriegs­ende 1945 begann auch bei der Düs­sel­dor­fer Berufs­feu­er­wehr die so genannte “Ent­na­zi­fi­zie­rung”. Zunächst wur­den ver­däch­tige Per­so­nen durch die Mili­tär­re­gie­rung vom Dienst sus­pen­diert. Gründe hier­für waren in ers­ter Linie die Mit­glied­schaft in der NSDAP oder ihr ange­schlos­se­ner Orga­ni­sa­tio­nen (etwa SA) bereits vor dem Jahr 1933.

Infor­ma­tio­nen

Die Son­der­aus­stel­lung kann zu den übli­chen Öff­nungs­zei­ten (sonn­tags, diens­tags bis frei­tags von 11 bis 17 Uhr, sams­tags von 13 bis 17 Uhr, mon­tags geschlos­sen) besucht wer­den. Der Ein­tritt ist kos­ten­frei. Grup­pen, die Füh­run­gen oder Work­shops buchen möch­ten, müs­sen dies tele­fo­nisch abstim­men unter 0211–8996205.

Werbung